Freitag, 31. Juli 2009

Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher, - aber ...

Ja, jetzt ist es da, mein "eigenes Sommerloch". - Deshalb fällt mir aktuell auch nur eine Reprise meiner Predigt vom 25. Jan. ein. - So werde ich jetzt auch etwas "auslaufen", denn ich brauche momentan auch ganz dringend wieder "frischen Wind", "neue Abenteuer" und neue Herausforderungen. So sage ich zunächst einmal "Servus" (bis in einigen Wochen), um dann hoffentlich - nach dem Sommerloch - mit viel neuer Energie wieder frisch ans Werk zu gehen...

Alles Gute und Gottes Segen!
Ihr P. Siegfried

Vor einigen Jahren wurden einige Mitbrüder und ich in den Münchner Zirkus „Krone“ eingeladen. Was mich damals besonders beeindruckt hat, war die Trapeznummer: Das flogen hoch unter der Zirkuskuppel russische Akrobaten - mit rasanter Geschwindigkeit - über unsere Köpfe hinweg und machten dabei noch allerlei Saltos. – Und weil die ganze Sache nicht ganz ungefährlich ist, gibt es aus gutem Grund bei uns die Vorschrift, dass solche Hochtrapeznummern nicht ohne Netz aufgeführt werden dürfen. Den berühmten „Salto Mortale“ gibt es – Gott sei Dank – nicht mehr. Das Netz über der Manege verhütet im Notfall das Schlimmste. Das Netz ist eine Lebensversicherung.

Liebe Brüder und Schwestern,
sie ließen ihre Netze zurück, die Jünger im heutigen Evangelium. So haben wir gerade gehört: „Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.“

Das ist gefährlich und unvernünftig! – Das ist genauso unvernünftig, als würde ein Trapezkünstler ohne Netz auftreten. Denn genau genommen ist das Fischernetz auch nichts anderes als eine Sicherung, eine Lebensversicherung. Ohne Netz hat ein Fischer kein Einkommen, ist seine finanzielle Absicherung dahin. Und ohne gesichertes Einkommen ist die Zukunft, das ganze Leben unsicher geworden. Das war damals nicht anders als heute. Menschen, die diese Absicherung oder ihren Beruf schon einmal verloren haben, kennen diese Problematik.

Aber die Jünger lassen nicht nur ihre Netze, ihren Beruf zurück. Jakobus und Johannes lassen auch noch ihren Vater sitzen, - im Boot. - Gott sei Dank nicht ganz allein, denn der Vater scheint sich ja schließlich Tagelöhner leisten zu können.

Neben dem Beruf war die Familie der einzige Halt, der dem Leben Sicherheit gab, die einzige Sozialversicherung, die es in biblischer Zeit überhaupt gab.

Liebe Brüder und Schwestern,
wenn wir ehrlich sind: Wir alle suchen irgendwie nach Sicherheit, der Mensch scheint so veranlagt zu sein. Die Versicherungen verdienen sich heute ein Vermögen mit dem Sicherheitsdenken der Leute: Sicherheit gibt Ruhe! - Und auch wir Mönche machen da keine Ausnahme: Auch im Kloster scheint man ziemlich „sicher“ zu sein, da ist die Zukunft absehbar.

Und genau hier liegt eben die große Gefahr:

„Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher.
Aber dafür sind Schiffe nicht gebaut.“ (William Shed)

Dieses Sprichwort, das ich neulich gelesen habe, passt ziemlich genau zum heutigen Evangelium. Wie die Schiffe ist auch der Mensch nicht dazu geschaffen, sicher im Hafen zu liegen. Der Mensch muss das Leben erkunden, das Leben wagen. - Sonst wird es stickig. - Übertriebene Sicherheit kann auch den Tod bringen, - „todsicher“ sagen wir. Übertriebene Sicherheit kann das Leben abtöten. Vor lauter Sicherheit kann nichts mehr wachsen und sich entwickeln. Wenn alles Risiko ausgeschaltet wird, kann nichts mehr Neues entstehen. – Jesus macht uns immer wieder darauf aufmerksam.

Und noch etwas anderes sagt mir das heutige Evangelium zum Thema Nachfolge und Berufung: Es ist eigentlich überhaupt nicht wichtig was ich will, sondern was Jesus, was Gott von mir möchte.

Ohne diese Einsicht wird keine Berufung lange durchhalten: „Es ist nicht wichtig was ich will, sondern was Gott will.“

Nur wer das, wie die Jünger erkannt hat, wird den Ruf Gottes hören und den Weg Jesu mitgehen. Da werden auch überhaupt keine Fragen gestellt: Warum denn gerade ich?... Momentan bin ich gerade sehr beschäftigt... Oder: Ich habe ja eigentlich andere Pläne?... - Nein, der Ruf Gottes allein genügt. – Und wer ihn hört, der sollte den Mut haben, aus dem Boot auszusteigen.

Liebe Brüder und Schwestern,
vielleicht ist es nach dem Blick auf das Evangelium interessant, jetzt einmal ganz aktuell und konkret zu werden. Wie sieht es momentan hier in Deutschland aus mit den „Berufungen“? Vor wenigen Wochen berichtete die Katholische Nachrichten Agentur folgendes: „Die Zahl der Priesterweihen in Deutschland ist 2008 erstmals unter 100 gesunken. Wie die Leiter der Priesterseminare in München bekannt gaben, wurden 95 Priester für die 27 Bistümer geweiht. Dies sei „alarmierend“, sagte der Münchener Regens Franz Joseph Baur. Seit Beginn der Statistik gab es noch nie so wenig Priesterweihen...“

Also keine 100 Neupriester für 27 Bistümer, der Priestermangel in den Bistümern wird immer spürbarer. Wir in Ottilien leben da ja vergleichsweise noch auf einer „Insel der Seligen“.

Was können wir tun? - Ich habe mich selbst einmal gefragt, warum ich eigentlich Priester geworden bin und es hat mich auch immer interessiert, warum andere Priester geworden sind. Und Bischöfe und die Statistiker hat das auch interessiert, und man hat einfach einmal nachgefragt. - Und wissen Sie was ganz oben auf der Liste stand? –

Das „Priestervorbild“. – 78% aller Priester hatten ein „Priestervorbild“. – Und auch ich bin da auch keine Ausnahme. Ohne einer „Priesterpersönlichkeit“ mit Format in meiner Heimatgemeinde begegnet zu sein, wäre ich wahrscheinlich einen anderen Weg gegangen. Und wahrscheinlich haben auch die meisten meiner Mitbrüder irgendein geistliches Vorbild.

Berufungen brauchen „Vorbilder“, die einem zeigen, „wie“ es geht und „das“ es geht: Dass so ein „geistliches Leben“ ein ganz erfülltes Leben sein kann, auch ohne eigene Familie.

Deshalb ist es auch für den geistlichen Nachwuchs unbedingt erforderlich, ein „Vorbild“ vor Augen zu haben. Und deshalb ist es auch so wichtig, dass Priester in den Gemeinden präsent und ansprechbar sind. Ein deutscher Bischof hat einmal gesagt: „Wer Laien sät, wird keine Priester ernten.“ – Das hört sich zwar ziemlich provokant an, aber bei genauerer Betrachtung stimmt es wahrscheinlich: Auch Priester brauchen Vorbilder, genauso wie Mütter und Väter auch gute Vorbilder brauchen, - und es für ihre eigenen Kinder auch sein müssen.

Übrigens habe ich mein Priestervorbild vor vielen Jahren einmal gefragt, wie er seine Berufung und seine Arbeit verstehe und er hat mir mit einem biblischen Gleichnis geantwortet. Er sei ja nur ein Sämann, der immer wieder nur den Samen auf die Erde werfe. Und das genüge ihm auch vollkommen. – Und was aus dem Samen werde, dass wisse er überhaupt nicht. Die Ernte werde dann hoffentlich einmal ein anderer einholen, denn der „Herr der Ernte“ sei nicht er. –

Ja, das sei ein ganz schön unsicherer Job auf dem Acker des Herrn: Wer Jesus nachfolgen möchte, für den gibt es keine Sicherheiten. - Aber wie schon gesagt:

„Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher. -
Aber dafür sind Schiffe nicht gebaut.“ Amen.


Predigt, 3. Sonntag im Jahreskreis (B) am 25. I. 2009
(Choralamt um 9.15 Uhr, Abteikirche St. Ottilien)
Evangelium: Mk 1, 14-20

Mittwoch, 22. Juli 2009

"Gipfeltreffen"


Dass Abtprimas Notker Wolf ein guter Musiker ist (freilich etwas unkonventionell mit E-Gitarre und Band), ist ja schon länger bekannt. Hier zeigt er eine andere Seite seines Talents: Äuf dem 1726 m hohen Dürnbachhorn spielt er mit seinem Interviewpartner Werner Schmidbauer (Gitarre) auf der Querflöte das El Condor Passa. - Hörenswert! - Es handelt sich um die letzten Minuten der Sendung "Gipfeltreffen" (alle Rechte bei 3sat), 01.11.2007, Wh 09.08.2008.

Montag, 20. Juli 2009

Post the Host


Gerade las ich in der WELT folgenden, etwas "erschreckenden" Artikel:

"Die Meldung ist kein verspäteter Aprilscherz. Sie kommt auch nicht aus Absurdistan, sondern aus Großbritannien: Im Land Ihrer Majestät der Queen bietet ein neuer Internetdienst geweihte Hostien per Post an. Wer will, kann zu Hause ganz für sich allein oder im Kreise seiner Lieben das christliche Abendmahl feiern. "Post the Host" (Verschick die Hostie) heißt dieser Service einer kleinen religiösen Gemeinschaft. Sie nennt sich "Offene Episkopale Kirche", versteht sich als katholisch-apostolisch ("aber ohne Papst"), hat sechs Diözesen auf der Insel und fühlt sich, wie sie beteuert, dem ökumenischen Gedanken verbunden. Jonathan Blake, ihr "Bischof für ganz London", ist der Vater der unkonventionellen Idee, dogmatische Barrieren per Mausklick zu überspringen (www.postthehost.net).

Der postalische Hostiendienst sei zum einen für Menschen gedacht, die aus Alters- oder Krankheitsgründen nicht das Abendmahl in einer Kirche empfangen können, zum anderen für Menschen, die sich ihrem Glauben entfremdet hätten oder sich scheuten, ein Gotteshaus zu betreten, wird Blake von der evangelischen Nachrichtenagentur Idea zitiert. Die große Offenheit für die kirchlichen Randsiedler begründet er so: Jesus habe auch Umgang mit Zöllnern und Sündern gepflegt, selbst Fremde hätten ihn in der Menschenmenge berühren können. Heute lade Jesus jeden ein, seinen Leib zu empfangen, doch die Kirchen stellten zu viele Hürden auf. Angst vor Hostienmissbrauch durch Kirchenfeinde oder Satanisten hat Blake nicht.

Den Leib Christi könne niemand beschädigen, gibt er sich überzeugt. Viele Menschen konsumierten Drogen, um ihr Bewusstsein zu erweitern. Mit der Hostie erhielten sie die Möglichkeit, etwas zu sich zu nehmen, das ihnen einen viel stärkeren, nämlichen geistlichen "Kick" geben könne. Der Service ist kostenlos, aber es werden "Zustellgebühren" berechnet. Für eine Hostie sind umgerechnet 2,35 Euro, für 500 Hostien 11,75 Euro fällig."

(Quelle: DIE WELT)

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Ach ja. - Jetzt fehlt nur noch die "passende Messe" (z. Zt. bietet Bischof Blake 18 verschiedene "Video-Messen" zur "Auswahl" an).

Sonntag, 19. Juli 2009

Das (einsame) Lichtobjekt

Bereits vor einigen Monaten wurde in St. Ottilien unsere neue Energiezentrale in Betrieb genommen. Ab Anbruch der Dunkelheit gibt es dort auch eine interessante Lichtinstallation zu sehen. -
Na ja, der Feldweg an der die Lichtinstallation liegt ist (zugegebenermaßen) gegen Abend recht wenig befahren, weshalb der Architekt deshalb sinnvollerweise auf die Idee gekommen ist, einen kleinen Film zu drehen und diesen bei Youtube einzustellen, damit außer den Mönchen von St. Ottilien (bei eventuellen einsamen, nächtlichen Spaziergängen?) auch die übrige Menschheit hierüber ausführlich informiert wird: Keine schlechte Idee! - Hier das Ergebnis:



"Zentrales Element der Energiezentrale ist das Feuer, die brennende Flamme. Dies sichtbar zu machen geschieht durch ein Lichtobjekt mit dynamisch an- und abfallendem Lichtimpuls, der atmosphärisch die funktionale Bestimmung des Baus in der Klosteranlage ausdrückt und ihn nachts auch von weitem erkennbar macht."

Mauritz Lüps

Mittwoch, 1. Juli 2009

Email aus Singapur (FAQ)

(Foto: Die 8 Stundenbücher, die in St. Ottilien verwendet werden. - Um auch die kompletten Gebete und Texte des "monastische Stundengebet" mitzuverfolgen, braucht man schon eine "kleine Bibliothek" und auch einige "Fachkenntnisse", die der Mönch im Noviziatsunterricht erlernt.)

"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich recht herzlich für Ihren großartigen Stundengebetsservice, der es mir ermöglicht, auch in Singapur an Ihren Gebeten teilzunehmen! Gerne würde ich nun die entsprechenden Stundenbücher erwerben. Darf ich Sie bitten, mir ein entsprechendes Werk zu empfehlen?... Können Sie mir bitte darüberhinaus ein Werk empfehlen, das in das Stundengebet einführt?...".

Sehr geehrter Herr S.,
Ihr Anliegen ist zwar bewundernswert, aber es ist praktisch unmöglich unser Stundengebet auch in "Textform" komplett mitzuverfolgen. Dazu bräuchte man 8 verschiedene Stundenbücher, die auch
nur teilweise im Buchhandel erhältlich sind. Diese 8 Stundenbücher werden auch noch täglich ziemlich "durcheinander" verwendet und (lustig miteinander) kombiniert. Bringen wir es noch einmal auf die Kurzformel: Es ist praktisch unmöglich! (Die Herder-Stundenbücher haben übrigens mit unserem Stundengebet gar nichts zu tun, sie sind für uns vollkommen unbrauchbar, da wir in St. Ottilien eine ganz andere Psalmenverteilung haben.) Die am häufigsten verwendeten Gebetstexte finden Sie als PDF auf unserer Homepage. Darüber hinaus macht es m.E. leider keinen Sinn; es ist einfach zu kompliziert - oder man geht ins Kloster! Das "monastische Stundengebet" ist wirklich etwas für Mönche, für die es ja eigentlich auch gedacht ist (im Noviziat erhält man übrigens auch eine ausführliche und "praktische Einleitung", denn nicht alles kann man aus Büchern lernen):

Zum Mithören - das kommt dem Mitbeten ja ziemlich gleich - ist es aber sicherlich für ALLE geeignet und interessant, - ja, eine wirklich einmalige Bereicherung und Fundgrube für das eigene "Gebetsleben".

Mit den besten Grüßen aus St. Ottilien!
Ihr Pater Siegfried Wewers OSB


P.S. So, jetzt habe ich´s endlich im BLOG, bei der nächsten Anfrage gibt´s dann nur noch einen Link zu diesem Post (mit den "Beweisfotos"). Das macht die Sache dann einfacher und hoffentlich auch "einsichtiger".