Katholischer Philosoph Robert Spaemann kritisiert das Schreiben und sieht die Gefahr eines Schismas
Rom (kath net/CNA) Der deutsche Philosoph Robert Spaemann kritisiert in einem Interview mit CNA das päpstliche Schreiben "amoris laetitia". Spaemann hat vor allem im Artikel 305 mit der Anm. 351 von „amoris laetitia“ ein Problem und erklärt, dass sich der Bruch mit der Lehrtradition der Kirche „zweifellos für jeden denkenden Menschen, der die entsprechenden Texte kennt“ ergebe. Die Kirche habe unbeschadet der menschlichen und moralischen Beurteilung des Einzelfalls, „keine Vollmacht, ohne vorherige Umkehr, ungeordnete sexuelle Beziehungen durch die Spendung von Sakramenten positiv zu sanktionieren und damit der Barmherzigkeit Gottes vorzugreifen“. Dies habe Johannes Paul II. in seinem Lehrschreiben „familiaris consortio“ (Art. 84) so festgelegt. Wie beim Frauenpriestertum sei diese Tür verschlossen. Die Vorstellung von Kardinal Kasper, „familiaris consortio“ durch eine Änderung in der Praxis der Sakramentenspendung „weiterzuentwickeln“ sei in Wirklichkeit „ein Bruch mit ihrer wesentlichen anthropologischen und theologischen Lehre über die menschliche Ehe und Sexualität“, nach der „die menschliche Sexualität … (ein) ´Realsymbol für die Hingabe der ganzen Person` und zwar `ohne jede zeitliche oder sonstige Begrenzung`“ sei.
Von einer persönlichen Verurteilung der Betroffenen könne keine Rede sein. Um allerdings „sexuelle Verhältnisse …, die objektiv der christlichen Lebensordnung widersprechen“ positiv zu beurteilen, müsste der Papst klären, „nach welcher Zeit und unter welchen Umständen sich eine objektiv sündhafte, in eine gottgefällige Verhaltensweise verwandelt“. Als Hauptursache für den von ihm wahrgenommenen Bruch mit der bisherigen Lehre sieht der Philosoph eine, bis zu den Jesuiten im 17. Jahrhundert zurückgehende „Strömung der Moraltheologie, die eine reine Situationsethik vertritt“. Diese sei von „Johannes Paul II … in seiner Enzyklika ´veritatis splendor` verurteilt“ worden. „Auch mit diesem Lehrschreiben bricht `amoris laetitia´“ so Spaemann. Dabei sei Johannes Paul II der „authentischer Interpret“ der göttlichen Barmherzigkeit, die eines der Hauptthemen seines Pontifikats gewesen sei.
Man dürfe „nicht vergessen, dass es Johannes Paul II war, der ihr seine zweite Enzyklika widmete, in Krakau das Tagebuch der Schwester Faustyna entdeckte und sie später heiligsprach“. Spaemann moniert in diesem Zusammenhang auch eine falsche Interpretation von Thomas von Aquin, dessen Zitate in „amoris laetitia“ die Situationsethik zu stützen scheinen. Dabei würde „übersehen, dass Thomas objektiv sündhafte Handlungen kennt, für die es keine situativen Ausnahmen gibt. Zu ihnen gehören auch alle sexuell ungeordneten Verhaltensweisen“. Spaemann zeichnet ein düsteres Bild von den Folgen dieses Nachsynodalen Lehrschreibens. Der Papst habe das „Chaos … mit einem Federstrich zum Prinzip erhoben“. Er „hätte wissen müssen, dass er mit einem solchen Schritt die Kirche spaltet und in Richtung eines Schismas führt“ so Spaemann.
Es sei jetzt schon eine „Verunsicherung und Verwirrung von den Bischofskonferenzen bis zum kleinen Pfarrer im Urwald“ abzusehen. „Nach den entsprechenden Textstellen von `amoris laetitia´ … (könnten) bei … nicht weiter definierten `mildernden Umständen´ nicht nur die Wiederverheiratet Geschiedenen, sondern alle, die in irgendeiner `irregulären Situation´ leben, ohne das Bemühen ihre sexuellen Verhaltensweisen hinter sich zu lassen, d.h. ohne Beichte und Umkehr, zur Beichte andrer Sünden und zur Kommunion zugelassen werden“. Bischöfe und Priester, die sich an die bisher geltende Sakramentenordnung hielten, könnten gar nicht erst ernannt oder unter Druck gesetzt werden. Durch mangelnde Eindeutigkeit im Bereich Glaube und Moral sei mit einem „Säkularisierungsschub und Rückgang der Priesterzahlen in weiten Teilen der Welt“ zu rechnen. Kardinälen, Bischöfen und Priestern empfiehlt Spaemann in ihrem „Zuständigkeitsbereich die katholische Sakramentenordnung aufrecht zu erhalten und sich öffentlich zu ihr zu bekennen“. „Falls der Papst nicht dazu bereit … (sei) Korrekturen vorzunehmen, … (bleibe) es einem späteren Pontifikat vorbehalten, die Dinge offiziell wieder ins Lot zu bringen“.
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