Dienstag, 29. Juli 2025

Was ein Mönch so hört (5): NDR Kultur - BELCANTO

Diesmal kein CD-Tipp, sondern ein Surf-Tipp. Eine Sendung, die ich jede Woche mit Begeisterung höre: 

Belcanto 

Die Stunde mit den schönsten Arien, Duetten und Chören der Operngeschichte auf NDR Kultur. Immer sonnabends von 13 Uhr bis 14 Uhr entführt Sie Hans-Jürgen Mende in die Welt der schönen Stimmen: mit Arien, Duetten und Chören von Komponisten wie Rossini, Bellini oder Donizetti, gesungen von ausdrucksstarken Sängerinnen und Sängern, die auf den Bühnen von Berlin, Paris oder New York und im "Bel Canto" zuhause sind.

Hier der Link zum Belcanto-Archiv: Belcanto hören

Montag, 28. Juli 2025

Aktuelle Tischlesung: Gebrauchsanweisung für den Vatikan von Rainer Stephan

Hier bemalte Michelangelo vier Jahre lang die Decke der Sixtinischen Kapelle; Joseph Ratzinger zog aus dem bayerischen Markl zu; und jährlich strömen Millionen Gläubige und Pilger, Kunstliebhaber und Touristen her: in die Papststadt Rom, auf den Peters­platz, zum Vatikan. Steuerparadies und Inbegriff einer Weltmacht, ein kleiner Staat mit eigener Verwaltung, eigenem Postwesen und eigenem Bahnhof. Dieses Buch öffnet Türen. Es führt uns mitten hinein in dieses Universum, zum Lateran, zu Santa Maria Maggiore und den anderen Papstbasiliken, in die Katakomben und nach Castel Gandolfo. Auf die Gassen, Plätze und zu den Menschen im Vatikan, in Wohnungen und Gärten, Büros und Restaurants – in die urbane Realität einer Weltstadt. 

Bunt und in einer wunderschönen Sprache geleitet der Autor den interessierten Besucher durch die hintersten Winkel des Vatikans und lässt im Leser das Bedürfnis, möglichst schnell dorthin zu kommen wachsen!

Sonntag, 27. Juli 2025

Mutter Teresa über den Skandal der Abtreibung in der heutigen Welt

Aktuell, wie gestern erst gesprochen: 
Die Friedensnobelpreisrede Mutter Teresas (Oslo, 1979)

"Ich habe eine Überzeugung, die ich Ihnen allen mitteilen möchte: Der größte Zerstörer des Friedens ist heute der Schrei des unschuldigen, ungeborenen Kindes. Wenn eine Mutter ihr eigenes Kind in ihrem eigenen Schoß ermorden kann, was für ein schlimmeres Verbrechen gibt es dann noch, als wenn wir uns gegenseitig umbringen? Sogar in der Heiligen Schrift steht: „Selbst wenn die Mutter ihr Kind vergessen könnte, ich vergesse dich nicht.“ Aber heute werden Millionen ungeborener Kinder getötet, und wir sagen nichts. In den Zeitungen lesen wir dieses und jenes, aber niemand spricht von den Millionen von Kleinen, die empfangen wurden mit der gleichen Liebe wie Sie und ich, mit dem Leben Gottes. Und wir sagen nichts, wir sind stumm. Für mich sind die Nationen, die Abtreibung legalisiert haben, die ärmsten Länder. Sie fürchten die Kleinen, sie fürchten das ungeborene Kind. Und das Kind muss sterben, weil sie dies eine Kind nicht mehr haben wollen – nicht ein Kind mehr – und das Kind muss sterben. Und ich bitte Sie hier im Namen der Kleinen: Rettet das ungeborene Kind, erkennt die Gegenwart Jesu in ihm! 

Als Maria Elisabeth besuchte, hüpfte das Kind vor Freude im Schoß der Mutter in dem Augenblick, als Maria ins Haus kam. Das Ungeborene brachte Freude. Daher versprechen wir hier, jedes ungeborene Kind zu retten. Gebt jedem Kind die Gelegenheit, zu lieben und geliebt zu werden. Wir bekämpfen Abtreibung mit Adoption. Mit Gottes Gnade werden wir es schaffen. Gott segnete unsere Arbeit. Wir haben Tausende von Kindern gerettet, sie haben ein Heim gefunden, in dem sie geliebt werden, wo sie erwünscht sind, wohin sie Freude gebracht haben. 

Deshalb fordere ich Sie heute auf, Majestäten, Exzellenzen, meine Damen und Herren, Sie alle, die aus vielen Ländern der Erde gekommen sind: Beten Sie, dass wir den Mut haben mögen, das ungeborene Leben zu schützen."

Das war 1979. Wie sieht es heute aus? 
Nach Angaben der WHO (Weltgesundheitsorganisation) werden weltweit jedes Jahr über 73 Millionen Kinder im Mutterleib getötet. Allein in Deutschland über 100.000!

Samstag, 26. Juli 2025

Was ein Mönch so liest (4): URWORTE des Evangeliums - Für einen neuen Anfang in der Katholischen Kirche

Im Oktober 2023 versammelt sich eine bunte Truppe von Menschen in der Abtei Mariendonk in Grefrath am Niederrhein. Theologen, Philosophen, Priester, Ordensfrauen und andere teilen die Überzeugung, dass die Kirche ihre besten Tage noch vor sich hat. Begleitet vom Chorgebet der Schwestern suchen sie in einem Projekt praktischer Synodalität nach den Urworten der Kirche - nach dem, was unbedingt gegeben sein muss, wenn die Kirche ihren institutionellen Zerfall überlebt und mit armen Mitteln neu startet. Statt zu lamentieren, verfolgen sie eine andere Spur: Sie bejahen das Ende falscher Verhältnisse und schauen auf Urfragen wie „Was ist mit Jesus? Wie will ER die Gemeinschaft der Glaubenden?" Sie bezeugen, dass sich die Umrisse einer neuen Kirche zeigen - einer Kirche, die man mit neuer Liebe lieben kann, weil sie mit ihren Lebenslügen schlussgemacht hat, weil sie ein Schutzraum für die Schwachen ist und dem Bösen widersteht. 30 Autoren sind fest davon überzeugt: In nicht zu ferner Zukunft wird die Kirche aus den Ruinen auferstehen - kleiner, dynamischer, fröhlicher, wesentlicher, liebevoller, frömmer.

Die Kirche aus ihrem Ursprung neu denken! Wie sieht eine Kirche aus, die Gott gefällt? Über Jahre hinweg rangen deutsche Katholiken vergeblich um die Reinigung und vitale Regeneration ihrer Kirche. Von Anfang an gab es nicht nur römische Bedenken und restaurativen Widerstand. Mit der Initiative »Neuer Anfang« meldeten sich »zivilisierte Kritiker des Synodalen Wegs zu Wort«; ihrer »messerscharfen, zumal philosophischen Analyse der kirchlichen Verwerfungen« (FAZ) schlossen sich Tausende von Gläubigen an, denen die eher strukturellen Reformansätze des »Synodalen Weges« nicht weit genug gingen. Nun liegt ein mehr am Evangelium orientierter Reformansatz vor, ein Buch, das den Dialog mit allen in der Kirche will und Kraft hat, neu für die Schönheit der Kirche und die Wiederentdeckung ihrer Wurzeln zu begeistern. Ein leuchtender Text, der Lust macht auf eine von Jesus her relevante Kirche, die absolut nicht mehr langweilig ist. 

Aus dem Vorwort: 

Um die Erneuerung der Kirche zu denken, folgen wir der Einladung von Papst Franziskus zu einem Heimatbesuch in Jerusalem. Wir gehen noch einmal in die privilegierte Zeit Jesu zurück, achten auf alles, was Jesus (vor allen späteren kirchlichen Entfaltungen) wichtig war und machen es wie gute Unternehmensberater mit einem Sanierungsfall. Sie denken vom Gründungsauftrag (Vision) her, versuchen, den Unternehmenszweck (Mission) zu bestimmen und empfehlen dem Unternehmen zumeist die Verschlankung auf das Kerngeschäft. Wenn wir in diesem Buch 15 Urworte und ein Urbild der Kirche betrachten, betreiben wir zuerst Theologie und fragen: Warum ist das Jesus wichtig? Dann erst beitreiben wir Pastoral: Was können wir tun, damit die Kirche an vielen Orten wieder aufblüht? 

Von Bernhard Meuser (Herausgeber), Christiana Reemts (Herausgeberin) und Martin Brüske (Herausgeber), mit Beiträgen von Bischof Stefan Oster SDB, Sr. Justina Metzdorf OSB, Marc-Stephan Giese SJ, Pfr. Bodo Windolf und anderen insgesamt 30 Autorinnen und Autoren.

Freitag, 25. Juli 2025

Aus der Erklärung "Dignitas infinita" über die menschliche Würde (Kongregation für die Glaubenslehre, 2024)

Einleitung

1. Eine unendliche Würde (Dignitas infinita), die unveräußerlich in ihrem Wesen begründet ist, kommt jeder menschlichen Person zu, unabhängig von allen Umständen und in welchem Zustand oder in welcher Situation sie sich auch immer befinden mag. Dieser Grundsatz, der auch von der Vernunft allein voll erkannt werden kann, ist die Grundlage für den Vorrang der menschlichen Person und den Schutz ihrer Rechte. Die Kirche bekräftigt und bestätigt im Licht der Offenbarung in absoluter Art und Weise diese ontologische Würde der menschlichen Person, die nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen und in Christus Jesus erlöst wurde. Aus dieser Wahrheit leitet sie die Gründe für ihr Engagement für die Schwächeren und weniger Mächtigen ab, wobei sie stets auf den „Primat der menschlichen Person und der Verteidigung ihrer Würde unabhängig von allen Umständen“[2] besteht.


Unbedingte Achtung der Menschenwürde

24. Zu allererst gibt es trotz des wachsenden Bewusstseins für die Frage der Menschenwürde immer noch viele Missverständnisse des Begriffs Würde, die seine Bedeutung verfälschen. Einige schlagen vor, statt „Menschenwürde“ (und Rechte des Menschen) besser den Ausdruck „personale Würde“ (und Rechte „der Person“) zu verwenden, weil sie unter einer Person lediglich „ein vernunftbegabtes Wesen“ verstehen. Folglich leiten sie Würde und Rechte aus der Fähigkeit zu Erkenntnis und Freiheit ab, mit der nicht alle Menschen ausgestattet sind. Das ungeborene Kind hätte demnach keine personale Würde, ebenso wenig wie ein unselbstständig gewordener alter Mensch, oder jemand mit einer geistigen Behinderung.[39] Die Kirche besteht im Gegenteil auf der Tatsache, dass die Würde jeder menschlichen Person, gerade weil ihr untrennbar verbunden, „jenseits aller Umstände“ bleibt und ihre Anerkennung in keiner Weise von der Beurteilung der Fähigkeit zu Erkenntnis und zu freiem Handeln einer Person abhängen kann. Andernfalls wäre die Würde nicht als solche dem Menschen innewohnend, unabhängig von seiner Konditionierung und daher einer bedingungslosen Achtung würdig. Nur durch die Anerkennung einer dem Menschen innewohnenden Würde, die niemals verloren gehen kann, ist es möglich, ihr eine unantastbare und sichere Grundlage zuzusichern. Ohne jeden ontologischen Bezug wäre die Anerkennung der Menschenwürde unterschiedlichen und willkürlichen Bewertungen ausgeliefert. Die einzige Bedingung, unter der von einer der Person an sich innewohnenden Würde gesprochen werden kann, ist also die Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung, weshalb „die Rechte der Person die Rechte des Menschen“ sind.[40]


Abtreibung

47. Die Kirche hört nicht auf, daran zu erinnern, dass „die Würde eines jeden Menschen einen intrinsischen Charakter [hat] und sie gilt von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Gerade die Bejahung dieser Würde ist die unveräußerliche Voraussetzung für den Schutz der persönlichen und sozialen Existenz und zugleich die notwendige Bedingung für die Verwirklichung von Brüderlichkeit und sozialer Freundschaft unter allen Völkern der Erde.“[88] Auf der Grundlage dieses unantastbaren Wertes des menschlichen Lebens hat sich das kirchliche Lehramt stets gegen die Abtreibung ausgesprochen. In diesem Zusammenhang schreibt der heilige Johannes Paul II.: „Unter allen Verbrechen, die der Mensch gegen das Leben begehen kann, weist die Vornahme der Abtreibung Merkmale auf, die sie besonders schwerwiegend und verwerflich machen. […] Doch heute hat sich im Gewissen vieler die Wahrnehmung der Schwere des Vergehens nach und nach verdunkelt. Die Billigung der Abtreibung in Gesinnung, Gewohnheit und selbst im Gesetz ist ein beredtes Zeichen für eine sehr gefährliche Krise des sittlichen Bewußtseins, das immer weniger imstande ist, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, selbst dann, wenn das Grundrecht auf Leben auf dem Spiel steht. Angesichts einer so ernsten Situation bedarf es mehr denn je des Mutes, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen und die Dinge beim Namen zu nennen, ohne bequemen Kompromissen oder der Versuchung zur Selbsttäuschung nachzugeben. In diesem Zusammenhang klingt der Tadel des Propheten kategorisch: ,Weh denen, die das Böse gut und das Gute böse nennen, die die Finsternis zum Licht und das Licht zur Finsternis machen‘ (Jes 5,20). Gerade in bezug auf die Abtreibung ist die Verbreitung eines zweideutigen Sprachgebrauchs festzustellen, wie die Formulierung ,Unterbrechung der Schwangerschaft‘, die darauf abzielt, deren wirkliche Natur zu verbergen und ihre Schwere in der öffentlichen Meinung abzuschwächen. Vielleicht ist dieses sprachliche Phänomen selber Symptom für ein Unbehagen des Gewissens. Doch kein Wort vermag die Realität der Dinge zu ändern: die vorsätzliche Abtreibung ist, wie auch immer sie vorgenommen werden mag, die beabsichtigte und direkte Tötung eines menschlichen Geschöpfes in dem zwischen Empfängnis und Geburt liegenden Anfangsstadium seiner Existenz.[89]Ungeborene Kinder sind somit „sind die Schutzlosesten und Unschuldigsten von allen, denen man heute die Menschenwürde absprechen will, um mit ihnen machen zu können, was man will, indem man ihnen das Leben nimmt und Gesetzgebungen fördert, die erreichen, dass niemand das verbieten kann“[90]. Deshalb muss auch in unserer Zeit mit aller Kraft und Klarheit festgestellt werden, dass „diese Verteidigung des ungeborenen Lebens eng mit der Verteidigung jedes beliebigen Menschenrechtes verbunden [ist]. Sie setzt die Überzeugung voraus, dass ein menschliches Wesen immer etwas Heiliges und Unantastbares ist, in jeder Situation und jeder Phase seiner Entwicklung. Es trägt seine Daseinsberechtigung in sich selbst und ist nie ein Mittel, um andere Schwierigkeiten zu lösen. Wenn diese Überzeugung hinfällig wird, bleiben keine festen und dauerhaften Grundlagen für die Verteidigung der Menschenrechte; diese wären dann immer den zufälligen Nützlichkeiten der jeweiligen Machthaber unterworfen. Dieser Grund allein genügt, um den unantastbaren Wert eines jeden Menschenlebens anzuerkennen. Wenn wir es aber auch vom Glauben her betrachten, dann ,schreit jede Verletzung der Menschenwürde vor dem Angesicht Gottes nach Rache und ist Beleidigung des Schöpfers des Menschen‘.“[91]Hierbei verdient das großzügige und mutige Engagement der heiligen Teresa von Kalkutta für die Verteidigung jeder empfangenen Person in Erinnerung gerufen zu werden.

_____________________

[1] Hl. Johannes Paul II.Angelus mit den Behinderten in der Kathedrale von Osnabrück (16. November 1980): Insegnamenti III/2 (1980), S. 1232.

[2] Franziskus, Apost. Schreiben Laudate Deum (4. Oktober 2023), Nr. 39: L’Osservatore Romano (4. Oktober 2023), S. III.

[38] Franziskus, Generalaudienz (12. August 2020): L’Osservatore Romano (13. August 2020), S. 8, innere Zitate: Hl. Johannes Paul II., Ansprache an die Vollversammlung der Vereinten Nationen (2. Oktober 1979), Nr. 7 und Ders., Ansprache an die Vollversammlung der Vereinten Nationen (5. Oktober 1995), Nr. 2.

[39] Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Dignitas Personae (8. September 2008), Nr. 8: AAS 100 (2008), S. 863–864.

[88] Franziskus, Ansprache an die Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre (21. Januar 2022): L’Osservatore Romano (21. Januar 2022), S. 8.

[89] Hl. Johannes Paul II., Enz. Evangelium vitae (25. März 1995), Nr. 58: AAS 87 (1995), S. 466–467. Zur Frage der Achtung gegenüber menschlichen Embryonen siehe Kongregation für die Glaubenslehre, Instr. Donum vitae (22. Februar 1987): „Die Praxis, menschliche Embryonen in vivo oder in vitro für experimentelle oder kommerzielle Zwecke am Leben zu erhalten, steht in völligem Widerspruch zur menschlichen Würde.“ (I, 4): AAS 80 (1988), S. 82.

[90] Franziskus, Apost. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013), Nr. 213: AAS 105 (2013), S. 1108.

[91] Ebd.

Donnerstag, 24. Juli 2025

Was ein Mönch so hört (4): Die 5 Klavierkonzerte und Chorfantasie von L. van Beethoven mit Rudolf Serkin und Rafael Kubelik (München, 1977)

Diese Zusammenarbeit zwischen dem 75-jährigen Rudolf Serkin, dem 64-jährigen Rafael Kubelik und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, die aus Live-Auftritten dreier Konzerte im Herbst 1977 stammt, glänzt in den fünf Konzerten und der Chorfantasie. Kubelik und Serkin waren Legenden mit jahrzehntelanger Erfahrung. 

Gemeinsam schufen sie Darbietungen voller Intensität und Leidenschaft. Das Orchester steht Serkins fesselnder Interpretation Note für Note in nichts nach. Das eindringliche Orchesterspiel im Largo des dritten Konzerts ist wohl das Beste, was ich je in diesem Konzert gehört habe, und harmoniert perfekt mit Serkins Spiel. Die Feinfühligkeit, mit der Rudolf Serkin an die Konzerte herangeht sucht bis heute Ihresgleichen. Er benutzt sehr wenig Pedal, grenzt jeden Ton gegen den nächsten ab und vernebelt so zu keiner Zeit die melodische Linie. Zudem hat Serkin mit Rafael Kubelik einen kongenialen Partner, der sein Bestreben nach Ballastfreiheit und unbedingter Artikulation aufgreift und mit seinem Orchester umsetzt. Serkin muss nicht gegen Klangberge ankämpfen, sondern kann sein Spiel frei entfalten. Und wenn in den Kadenzen seine Leidenschaft und seine Lust am Spiel förmlich explodieren, dann überkommt mich ein großartiges Mitfiebern und Gespanntsein auf die nächste Wendung, die nächste Phrase, den nächsten Ton. 

Ich liebe diese Musik, und jede dieser exzellenten Aufführungen zählt zu meinen Lieblingsaufnahmen (viel besser als Serkins spätere und eher zaghafte Zusammenarbeit mit Ozawa). Der Klang von Orfeo hat den Anlass perfekt eingefangen, so dass ich diese Werke uneingeschränkt und begeistert empfehlen kann.

Volker Boehme-Neßler im Interview: „Wir brauchen keine Aktivisten in Richterrobe“

Die Debatten um die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, die von der SPD für das Verfassungsgericht nominiert wurde, haben die Frage aufgeworfen, wie unabhängig Karlsruhe von der Politik ist. Ein Podcast mit dem Rechtswissenschaftler Volker Boehme-Neßler über das Selbstverständnis des Bundesverfassungsgerichts, Aktivismus in Roben und die Unhintergehbarkeit der menschlichen Würde.

 

"Frau Brosius-Gersdorf hat den Eindruck erweckt, sie hat eine Mission. Sie hat bestimmte, grundsätzlich, also in ganz konfliktbehafteten Fragen, ganz streitigen Fragen der Gesellschaft, hat sie eine ganz dezidierte, eindeutige Antwort. Und die vertritt sie auch mit Vehemenz. Und das ist dann nicht die Persönlichkeit, die man braucht, wenn man unabhängige, neutrale und unvoreingenommene Diskussionen haben will. Darum geht's. Das ist, glaube ich, der Punkt."
(Volker Boehme-Neßler)

Dienstag, 22. Juli 2025

Früher radikal, heute Mitte - das steckt dahinter!

Glaube in Noten - eine theologische Betrachtung der Musik

Eine ganz wunderbare "theologische Betrachtung über die Musik" von Frau Dr. Margarete Strauss. Eigentlich wollte ich selbst einen Post über genau dieses Thema schreiben. - Frau Strauss ist mir zuvorgekommen. Besser hätte ich es nicht machen können. 

DANKE  und VERGELT´S GOTT dafür!

Samstag, 19. Juli 2025

Aktuelle Tischlesung: Freiheit uns Vertrauen - Von alten Ordensleuten für das Leben lernen von Ruth Mächler

Alte Ordensfrauen und -männer erzählen von schweren Entscheidungen, von Krisen und Glücksmomenten und von ihrem persönlichen Weg zu innerer Freiheit. In ihren Erfahrungen lassen sich Antworten auf die großen Lebensfragen erahnen. Ruth Mächler berichtet und reflektiert als Soziologin und evangelische Seelsorgerin über ihre Gespräche mit den alten Patres, Brüdern und Schwestern. Was bedeutet Freiheit? Wie findet man zu guten Entscheidungen? Was ist es wert, alles dafür hinzugeben? Was kann tragen im Alter, wenn Gesundheit und Kraft schwinden? – Ein Buch über gelebtes Leben, das mehr Weisheit schenken kann als alle Theorien.

Freitag, 18. Juli 2025

Bätzing zu Brosius-Gersdorf: Taktik statt Kulturkampf

Nun hat sich auch der DBK-Chef geäußert: Kulturkampf hilft den falschen – also hat die Sorge um die Menschenwürde rhetorisch zurückzustehen? Eine unsachliche Einordnung. 

Von Jakob Ranke

Bitte keine Kulturkämpfe, das hilft nur der AfD, die arme Frau Brosius-Gersdorf. War’s das? Seit rund zwei Wochen bestimmt die vorerst gescheiterte Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht die öffentliche Diskussion – und nun hat sich nach langem Schweigen auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) dazu geäußert. Doch als Schlusswort, mit dem alle befriedet in die Sommerpause ziehen könnten, eignen sich die Einlassungen Georg Bätzings auch dann nicht, wenn man die gestern veröffentlichte DBK-Version seines Interviews mit der „Augsburger Allgemeinen" heranzieht, die mit der Hinleitung beginnt, „in Anbetracht der verkürzten öffentlichen Reaktionen“ dokumentiere man hier den vollständigen Wortlaut, um eine „sachliche Einordnung“ zu ermöglichen. 

Nein, Bätzings onkelhafter Abmoderationsversuch krankt an einem durch und durch taktischen Verhältnis zu einer zentralen Frage der katholischen Lehre. Deutlich wird das an mehreren Stellen. Das offensichtlichste Problem entsteht im Zusammenhang mit Bätzings Laudatio des geltenden Abtreibungsrechts mit seiner straffreien Rechtswidrigkeit in den ersten zwölf Wochen als „kluge Balance“, die das Leben schütze. Wirklich? Bei zuletzt 106.000 Schwangerschaftsabbrüchen auf 677.000 Geburten – mehr als jedes achte Kind darf nicht leben – darf man diese Einschätzung getrost in Zweifel ziehen.

Eine "gemäßigte Position"?

Brosius-Gersdorf verharmlost ihre eigenen Thesen zum Schwangerschaftsabbruch – und die Kirche rudert zurück 

Eine Kampagne, gar eine ausländische Verschwörung? Die vorerst gescheiterte SPD-Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf beklagt Zerrbilder ihrer Positionen – und stellt die eigenen Thesen gemäßigter dar, als sie sind. Bischof Georg Bätzing will keinen "Kulturkampf". Grund genug, noch einmal genauer hinzuschauen.

Ein hervorragender Beitrag von Benjamin Leven, sachlich, nüchtern, treffend, ohne Polemik, auch in dem, was bei Bischof Bätzing „schiefgelaufen“ ist.



Donnerstag, 10. Juli 2025

"Denn du hast meine Nieren gebildet; du hast mich gewoben im Schoß meiner Mutter"

Seit dem 1. Januar 2022 ist es in Deutschland verboten, Küken im Ei zu töten, wenn sie älter als sieben Tage sind. Die Begründung lautet, dass die Embryonen ab diesem Zeitpunkt vermutlich Schmerzen empfinden können. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer erheblichen Geldstrafe rechnen.

Gleichzeitig wird gerade in der Politik darüber diskutiert, ob ungeborene Menschen den Schutz der Menschenwürde verlieren sollen. Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, die als Richterin an das Bundesverfassungsgericht berufen werden soll, vertritt die Ansicht, dass die Menschenwürde erst mit der Geburt gilt. Der Bundeskanzler Friedrich Merz hat der Nominierung dieser Kandidatin mit Überzeugung und ohne schlechtes Gewissen zugestimmt. Wenn sich diese Auffassung durchsetzt, könnten Abtreibungen in Zukunft bis kurz vor der Geburt möglich sein, ohne dass das Leben dieser durch das Grundgesetz geschützt ist.
Während also ein Küken im Ei gesetzlichen Schutz erhält, weil es möglicherweise Schmerzen empfinden kann, wird bei einem ungeborenen Kind mit schlagendem Herzen und erkennbarem Leben überlegt, ob da der Schutz aufgehoben werden soll. Hier zeigt sich deutlich, wie das rechtliche und moralische Verständnis vom Wert des Lebens in einer zunehmend gottlosen Gesellschaft ins Wanken gerät.
Doch Gott sieht das anders. In der Bibel lesen wir:
"Denn du hast meine Nieren gebildet; du hast mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir dafür, dass ich erstaunlich und wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl!" (Psalm 139, 13-14.)

DAS LEBEN FÄNGT NICHT ERST AB DER GEBURT AN, SONDERN SCHON IM MUTTERLEIB.
Und dieses Geschenk verdient SCHUTZ, vom ersten Augenblick an.

Mittwoch, 9. Juli 2025

Was ein Mönch so liest (3) - Helmut Dietl: A bissel was geht immer: Unvollendete Erinnerungen

Bis zu seinem Tod im Jahr 2015 hat der große Filmregisseur Helmut Dietl an seiner Autobiografie gearbeitet. Das Ergebnis ist ein Buch, mit dem Helmut Dietl uns noch einmal überrascht – als exzellenter Schriftsteller. 

Brillant und auf genau die hintergründig-komische Art, die wir von ihm als Regisseur von »Kir Royal« oder »Rossini« kennen, erzählt Helmut Dietl hier über seine bayerisch-münchnerische Kindheit und seine Aufbrüche ins Leben. Da sind die Großväter, der eine Kommunist und KZ-Häftling, der andere Stummfilmstar. Da sind die sich ewig bekämpfenden Großmütter. Ein undurchsichtiger Vater und eine tapfere Mutter, die sich für ihren Sohn aufopfert. Wir erleben ein Feuerwerk von Liebes-, Trennungs- und Reisegeschichten, seine turbulente Zeit bei den Feldjägern und die ersten Schritte in die Welt des Films an der Seite schillernder Figuren wie Elfie Pertramer oder Walter Sedlmayr. 

Vor allem aber ist dies eine Hommage an all die Frauen, die Helmut Dietl bereits als junger Mann verzaubert haben. Schon früh wird hier sichtbar, was Helmut Dietl sein ganzes Leben war: ein Mann, der die Frauen liebte. Selten sind die spießigen Fünfziger- und Sechzigerjahre und die frühen Gegenwelten der Schwabinger Boheme so komisch und unterhaltsam geschildert worden wie in diesem Buch, das von seiner Frau Tamara Dietl herausgegeben wurde.

Der Kanzler kündigt den Konsens. Ist Menschenwürde teilbar?

Die Frage, egal von wem sie kam, war berechtigt: Könne der Kanzler es mit seinem Gewissen vereinbaren, eine Richterin zu bestellen, für die die Menschenwürde erst mit der Geburt beginnt? Der Kanzler antwortete mit einem glatten „Ja“. Damit hat Friedrich Merz den menschenrechtlichen Grundkonsens hinter dem Grundgesetz verlassen. 

Von Martin Brüske.

Der emeritierte Tübinger Moraltheologe Dietmar Mieth hat es einmal auf den Punkt gebracht: Hinter der Idee der Menschenrechte in ihrem klassischen Verständnis, wie sie auch hinter Menschenwürdegarantie und Grundrechtskatalog des Grundgesetzes stehen, steht ein antinominalistisches Pathos. Dieses klassische Verständnis der Menschenrechte wehrt sich dagegen, dass dem Menschen Würde und Rechte nur aufgrund staatlicher Entscheidungen und gesellschaftlicher Konstruktion zu eigen sind. Sie sind kein bloßes Wort, kein „Nomen“, das dem Menschen nur als Etikett angeheftet wird. Denn das macht den ursprünglich Rechts- und Würdestatus eines Menschen zur Verfügungsmasse anderer Menschen. Was erst zugesprochen werden muss, kann auch wieder abgespochen werden. Das öffnet der Willkür Tür und Tor: Plötzlich ist der jüdische Mensch oder der Kulacke, der ungeborene Mensch (und bald auch das Kleinkind? Wie bei den Römern?) und der Schwerstbehinderte, der komatöse Mensch, kein Mensch, keine Person mit Würde und Rechten mehr.

Menschenwürde und Menschenrechte in ihrem klassischen Verständnis wehren sich genau gegen so eine Teilung des Menschlichen und sie halten dagegen: Wer Mensch ist im Sinne der schlichten biologischen Zugehörigkeit zur Art Mensch, ist Träger von Würde und Rechten. Und zwar vom ersten Augenblick bis zum letzten seiner irdischen Existenz. Sie werden von der Rechtsgemeinschaft nicht konstituiert, sondern sind ihr absolut bindend vorgegeben. Würde ist eine innere, objektive Bestimmung jeden Menschseins. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, besonders auch zum § 218 des Strafgesetzbuches, beruht auf dieser Sicht. Diese Sicht bestimmte den antitotalitären, menschenrechtlichen Grundkonsens hinter dem Grundgesetz, erwachsen aus den schrecklichen, grauenhaften Erfahrungen mit der verbrecherischen Unmenschlichkeit der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts.

Seit ungefähr 20 Jahren wird dieser humanitätssichernde Konsens von einer jüngeren Generation von Juristen aufgekündigt. Matthias Herdegen, Horst Dreier und Reinhard Merkel seien hier genannt. Und jetzt auch – ganz offensichtlich – Frauke Brosius-Gersdorf. Durch ihre Einlassung, die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zu § 218 beruhe auf einem naturalistisch-biologistischen Fehlschluss, ist sie hier eindeutig zuzuordnen. Dahinter steht die fatale Trennung von biologischem Menschsein und allein Würde und Rechte tragendem Personsein. Wer Mensch ist in dieser Sicht, der ist noch lange nicht Person. Und mit „bloßen“ Menschen kann ich – bis hin zur Tötung – alles Mögliche anstellen. Da ist sie wieder, die Teilung des Menschseins, die Teilung, die Arier mit Rechten von Juden ohne Rechte und Parteigenossen mit Rechten von Klassenfeinden ohne Rechte trennt. Wollen wir das?

Natürlich, hier steht weder nationalsozialistisches noch bolschewistisches Gedankengut dahinter, nein es ist ein bürgerlich daherkommender, aber philosophisch platter und zugleich raffiniert sophistischer Utilitarismus, der dahinter steht und der durch einen sophistischen Scharlatan wie Reinhard Merkel im deutschsprachigen Raum verbreitet wurde. Letztlich steht dahinter eine schlechte, ungeklärte Ontologie des Personseins. (Das ist Stoff für weitere Artikel.) Aber was ist der Unterschied zu den Gedankengängen der totalitären Ideologien, wenn als Folge der Beseitigung des angeblichen „biologistisch-naturalistischen Fehlschlusses“ von Frau Prof. Brosius-Gersdorf schwerstkomatöse Menschen in der utilitaristischen, angelsächsischen Bioethik, der sie sich offensichtlich verpflichtet weiß, als „human vegetable“ („menschliches Gemüse“) bezeichnet werden. Noch einmal: Wollen wir das?

Ich jedenfalls nicht! Ich bin schockiert, traurig und ratlos – und aufs höchste alarmiert: Mit seinem emphatischen „Ja“ zur Wählbarkeit von Frauke Brosius-Gersdorf hat Friedrich Merz den antitotalitären, menschenrechtlichen Grundkonsens, der am Anfang unseres Gemeinwesens stand, schlicht und ergreifend aufgekündigt.

Dankbar bin ich dafür umso mehr zwei deutschen Bischöfen: Stefan Oster und Rudolf Voderholzer haben das eiserne schändliche Schweigen der offiziellen deutschen Kirche, die in einer den ethischen Grundcharakter unseres Staates betreffenden Frage nicht mehr zustande brachte als eine vage Randbemerkung des Prälaten Jüsten, kraftvoll und präzise durchbrochen. Sie bringen auf den Punkt, worum es geht: Es darf in Deutschland nie wieder Menschen zweiter Klasse geben.”

Dr. theol. Martin Brüske
Martin Brüske, Dr. theol., geb. 1964 im Rheinland, Studium der Theologie und Philosophie in Bonn, Jerusalem und München. Lange Lehrtätigkeit in Dogmatik und theologischer Propädeutik in Freiburg / Schweiz. Unterrichtet jetzt Ethik am TDS Aarau. Martin Brüske ist Mitherausgeber des Buches “Urworte des Evangeliums”.

Quelle: https://neueranfang.online/der-kanzler-kuendigt-den-konsens-ist-menschenwuerde-teilbar/