Mittwoch, 8. Oktober 2025

Die Panne!

Jetzt habe ich mittlerweile schon über 300 Beiträge in diesem Blog veröffentlicht, darunter sehr viele über Musik, insbesondere über R. Wagner. - Aber heute bin ich erschrocken! Ich habe mein absolutes Lieblingswerk vergessen, von dem ich zwölf verschiedene Aufnahmen in meinem CD-Schrank stehen habe: Joseph Haydns “Die Schöpfung”. 

Die Fröhlichkeit und der Farbenreichtum des Werks sind faszinierend: Sie schildern eine Natur, die musikalisch als farbenreich, faszinierend und bewahrenswert erlebbar gemacht wird. 

Ein berühmtes Zitat von Haydn selbst lautet: "Ich war auch nie so fromm, als während der Zeit, da ich an der Schöpfung arbeitete; täglich fiel ich auf meine Knie nieder und bat Gott, dass er mir Kraft zur glücklichen Ausführung dieses Werkes verleihen möchte." 

Als Haydn “Die Schöpfung” vollendete, war er der bekannteste Komponist seiner Zeit. Durch seine Aufenthalte in England lernte er die Oratorien Händels kennen und diese musikalische Begegnung beeinflusste sein Schaffen im Spätwerk wesentlich. Haydns “Schöpfung” erlangte sofort nach der Uraufführung 1798 großen Erfolg und dieser ist bis in heutige Zeit ungebrochen. Dies hat meines Erachtens mehrere Gründe: 

Der Inhalt des Werks wird in relativ geraffter Form dem Publikum nähergebracht und die Handlung dadurch stringent erzählt. Haydn verweilt selten in Reflexionen, die gedrängte Vermittlung der Erzählung verleiht dem Werk dadurch eine große Lebendigkeit. 

Haydn hat eine neue Formensprache entwickelt, in der der Text des Librettos besonders in den Arien keinen Prinzipien folgt, sondern – manchmal in liedhafter Form – immer entlang des Textes musikalisch weiterentwickelt wird. Besonders reizvoll in der "Schöpfung" sind die Kontraste, mit denen Haydn in den Abschnitten des Chores arbeitet. Dabei stehen kunstvoll ausgeschmückte Fugen im virtuosen Stil schlichten und innigen Passagen gegenüber. Zudem verwendet Haydn oft ein dialogisches Verhältnis von Solostimmen und Chor. 

Alle Vokalstimmen dienen förmlich der Erzählung der Schöpfungsgeschichte und die Hierarchie zwischen Solostimmen und Chorstimmen wird zu einem gemeinsamen Lob vereint. “Die Schöpfung” zeigt auch durchaus volksmusikhafte Züge, die im Wechselspiel zur kunstvollen und meisterhaften Instrumentation der Gesamtarchitektur des Werks diesem eine große – im Zusammenspiel aller Kräfte – empfundene Menschlichkeit verleihen. 

“Die Schöpfung” ist auch ein Werk, in dem sich eine Zeitenwende manifestiert. Sie bildet förmlich eine Zusammenfassung aller kompositorischen Erfahrungen und Möglichkeiten des Komponisten. Haydns große Erfahrung im Bereich der italienischen Oper, seine virtuose und detailreiche Behandlung des Instrumentalsatzes und die Neuerungen der Klangsprache der Wiener Klassik lassen “Die Schöpfung” zu einer Art Gesamtschau der Musik des 18. Jahrhunderts werden.


 

Meine absolute Lieblingsaufnahme der "Schöpfung", die ich auch oben mit Youtube verlinkt habe, ist  folgende: 

Ann Monoyios, Jörg Hering, Harry van der Kamp, 
Tölzer Knabenchor, Tafelmusik, Bruno Weil 
Label: Sony, DDD, 1993

Das Klangbild, das Bruno Weil mit dem Tafelmusik Orchestra produziert ist wunderbar: transparent, klar artikuliert, forsch, nicht lärmend im Forte, feingliedrig im Piano, adäquat zurückhaltend, wo es dem Chor Raum geben soll. Die Tempi sind zügig, aber keineswegs gehetzt. 

Der Tölzer Knabenchor präsentiert sich in Bestform, klar artikulierend, wunderbar intonierend und in bester Abstimmung mit dem Orchester. 
Aber es bleibt natürlich eine Geschmacksfrage: wer Knabenchöre generell nicht gerne hört, so gut sie auch sein mögen, wird hier natürlich keine Freude haben. Ich stehe Knabenchören häufig eher ablehnend gegenüber, aber was ich hier höre ist einfach Weltklasse und bis auf seltene Passagen, in denen ich mir besser hörbare tiefe Töne wünsche würde, vermisse ich hier nichts. 

Das Highlight dieser Aufnahme sind aber für meinen Geschmack die Solisten: ich kannte sie allesamt nicht und musste mir dabei zumindest für Ann Monoyios und Jörg Hering Brücken bauen, die sich für mein Ohr aufdrängen: Ann Monoyios erinnert mich sehr an Emma Kirkby, wenn ihr Sopran auch noch ein kleine Spur heller ist und sie fast noch ätherischer klingt als die Kirkby. Jörg Hering erinnert mich sehr an Peter Schreier, hat ein ähnliches silbriges Timbre, intoniert aber zarter als dieser. Harry van der Kamp hat einen sonoren Bass, die Nähe zu Kurt Moll oder ähnlichen mir bekannten Bässen wäre hier allerdings für mein Ohr eher an den Haaren herbeigezogen. Alle drei Stimmen haben mich enorm für sich eingenommen, die Interpretationen sind zartfühlend, innig und mit großer Verve gesungen.

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