Im Kloster Sankt Ottilien malte Carl Lazzari das Leben Christi
"Die Bergpredigt" aus dem Bilder-Zyklus von Carl Lazzari für die Benediktinerabtei St. Ottilien 2006.
Sankt Ottilien (KNA) Wenn Jesus heute in Bayern leben würde, dann hätte er eine dunkelblaue Jeans und ein blutrotes T-Shirt an; der Sohn Gottes würde im Starnberger See getauft und als Terrorist verfolgt werden - so stellt sich zumindest Carl Lazzari die Ankunft Christi im 21. Jahrhundert vor. Entsprechend hat dies der englische Künstler in seinen Bildern auch umgesetzt. Drei Jahre lebte er im Kloster der Missionsbenediktiner im oberbayerischen Sankt Ottilien, aß gemeinsam mit den Mönchen, unterrichtete an deren Gymnasium Kunst und englische Poesie und schuf an den Nachmittagen zwölf mannshohe Gemälde in Öl.
In seinen Werken überträgt Lazzari die Geschichte Jesu von der Verkündigung bis zur Kreuzigung und Auferstehung in die heutige Zeit: Wie würden die Menschen in Sankt Ottilien Jesus empfangen? Was würde er hier sehen können? Für den 72- jährigen Maler zählt die Gegenwart: "Ich lebe im Jahr 2006, also bin ich ein Maler des Jahres 2006", sagt der Künstler und wehrt ab, wenn er sich selbst in eine bestimmte Kunsttradition einordnen soll. "Meine Gemälde sind modern, weil sie zeitgenössisch sind und nicht, weil sie einer bestimmten Mode folgen."
In dem Zyklus "Auferstehung: Ein Leben Jesu Christi" stehen Menschen im Vordergrund: Mehr als 130 Personen hat Lazzari für seine Bilder porträtiert, und jede Bildfigur findet ihr Gegenstück in der wirklichen Welt. Pater Rochus Wiedemann etwa hat für Jesus Modell gestanden, und Maria ist eine blonde Schülerin des Gymnasiums von Sankt Ottilien.
Das Kloster ist die Kulisse für Jesu Leben: Zur Geburt Christi kommen Mönche und Schüler vor dem großen Bauernhaus der Erzabtei zusammen, auf einem anderen Gemälde ist Jesus zu sehen, wie er im Portal der Abteikirche steht und voll Zorn die Geldverleiher aus dem Gotteshaus jagt. Für die Kreuzigungsszene hat Lazzari das große Steinkreuz verwendet, das sonst am Eingang zum Friedhof von Ottilien steht.
Lazzari bezeichnet sich selbst als einen Atheisten. Um den Zwiespalt zu überwinden, dass er den historischen Jesus zwar faszinierend findet, aber nicht an ihn glauben kann, hat er jedes Bild für einen befreundeten Gläubigen gemalt und diesen mit in das Bild aufgenommen.So ist am rechten Rand der Verkündigung Mutter Irene Dabalus, Generaloberin der Tutzinger Missions-Benediktinerinnen, zu sehen; Pastor Ephraim Satuko aus Simbabwe wiederum ist ein stiller Beobachter der Szene, wie Jesus die Händler aus dem Tempel vertreibt. Auf dem Gemälde der Kreuzigung ist als Hauptporträt ein muslimisches Mädchen abgebildet: Lazzari lernte Munelera 1995 in einem Flüchtlingslager in Bosnien kennen, wo er sich um vom Krieg traumatisierte Kinder kümmerte. Das Mädchen hatte kurz zuvor ihre gesamte Familie verloren: "Sie weiß, was es heißt, gekreuzigt zu sein."
Auf Einladung des Erzabtes von Sankt Ottilien, Jeremias Schröder, kam Lazzari in das Kloster. Bei einer Pilgerreise durch Italien hatten sich die beiden kennengelernt. Nun darf Erzabt Jeremias sich über das "Evangelium von Sankt Ottilien" freuen, wie er den Bilderzyklus nennt: "Hier in Sankt Ottilien sehen wir Jesus immer nur auf uralten Gemälden. Aber Carl hat Jesus bei uns und unter uns entdeckt."
Seit 1997 Benediktinermönch in der Erzabtei St. Ottilien (Bayern). Wurde dort 2004 zum Priester geweiht. Bisherige Tätigkeitsfelder: Seelsorger, Klosterbibliothekar, Webmaster, Mitarbeiter in der hauseigenen Klostermetzgerei. Mitglied des Geheimen Rates.
Mich interessieren besonders: Gott, die Musik Richard Wagners, gute Zigarren und lesenswerte Bücher (genau in dieser Reihenfolge).
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