Samstag, 22. November 2025

Was ein Mönch so hört (6): Elektra (R. Strauss) unter Christian Thielemann und Karl Böhm

 Richard Strauss' Elektra (Uraufführung 1909 in Dresden) ist wohl das fortschrittlichste Werk des Komponisten, ein ausdrucksstarkes Werk, das die Grenzen des Tonalen erweitert. Es knüpft auch an die neuen Ideen seiner Zeit an, insbesondere an Freuds Theorien über das Unterbewusstsein und die Macht der menschlichen Triebe. Die Titelrolle erfordert einen dramatischen Sopran mit großem Stimmumfang. Die Oper basiert auf Hugo von Hofmannsthals Theaterstück, das wiederum auf Sophokles' antikem Drama basiert. Elektra wurde im Laufe der Jahre regelmäßig aufgenommen, und es gibt mehrere hervorragende Studioaufnahmen, aber diese Oper entfaltet ihre beste Wirkung live. 

Christian Thielemann / Staatskapelle Dresden (Deutsche Grammophon) 


Christian Thielemanns Live-Aufnahme von 2014 mit der Staatskapelle Dresden für Deutsche Grammophon legt mehr Wert auf Raffinesse und kammermusikalische Details als auf pure Wucht. Die dramatischsten Szenen – Elektras Wiedererkennung des Orest und die Schlussmomente der Oper – besitzen eine majestätische Wucht, wenngleich nicht ganz die mitreißende Energie eines Solti oder Mitropoulos. Evelyn Herlitzius' Elektra ist umstritten, doch ihre intensive, psychologisch packende Darbietung ist unüberhörbar, selbst wenn ihre Stimme mitunter dünn und vibratoreich klingt. Ihre Schreie in der Orest-Szene sind markerschütternd. Auch die übrigen Mitwirkenden sind exzellent: Waltraud Meier als gefährliche, manipulative Klytämnestra und René Pape als ungewöhnlich sensibler Orest. 

Karl Böhm / Staatskapelle Dresden (Deutsche Grammophon)

 

Karl Böhm hinterließ mehrere Live-Aufnahmen der Oper, aber nur eine Studioaufnahme, die 1961 für die Deutsche Grammophon mit der Staatskapelle Dresden entstand. Seine Interpretation zeichnet sich durch fiebrige, nervöse Energie und die detailreiche Orchesterarbeit des berühmten Ensembles aus. Inge Borkh, eine der führenden Elektras ihrer Zeit, bietet eine psychologisch überzeugende und leidenschaftliche Darstellung. Auch die übrigen Sängerinnen und Sänger sind stark besetzt, wobei Dietrich Fischer-Dieskaus Orest besonders hervorsticht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen