Montag, 27. Oktober 2008

Richtiges Verhalten in der Bibliothek

Ein Klassiker: Mr. Bean in der Bibliothek. -

Ein wirklich sehr lehrreicher Film [vor allem auch für meine Mitbrüder, die regelmäßig alte Bücher aus der Klosterbibliothek entleihen], denn es geht hier nicht nur um angemessenes Verhalten in einer Bibliothek, sondern besonders auch um die richtige und sachgemäße "Behandlung" von wertvollen Handschriften.


Montag, 20. Oktober 2008

Über die Mühsal des Gebetes

Mönche beim Chorgebet in St. Ottilien


Das Gebet kann wirklich eine Mühsal sein. Manchmal geht es leicht, als lebendige Sprache vom Herzen; aufs Ganze des Lebens und die Vielheit der Menschen gesehen, bleibt das aber eine Ausnahme. Meistens muß es gewollt und geübt werden; und die Mühe dieser Übung kommt zu einem guten Teil daher, daß die Wirklichkeit Gottes nicht empfunden wird. Dem Betenden ist dann zumute, als ob er im Leeren stehe, und alles andere scheint dringlicher, weil es fühlbar da ist. So kommt es darauf an, auszuharren. Wer sagt, das Gebet gebe ihm nichts, oder sein Inneres dränge ihn nicht dazu, oder es werde unecht und so lasse er es lieber, verläßt den Dienst und verliert, worum es da geht. Denn in der Leere der Stunde auszuhalten hat einen besonderen Sinn, der durch kein noch so lebendiges Gebet zu anderer Zeit ersetzt werden kann. Es bedeutet nämlich, mit dem Glauben im strengsten Sinne Ernst zu machen; das Gebet ganz aus der Treue gegen Gottes Wort zu vollbringen und ins Dunkle zu sprechen, auf Den hin, der hört, auch wenn man von Ihm nichts weiß.

Es gibt verschiedene Formen der Leere. Einmal jene, die einfach ein Fehlen bedeutet, die Tatsache, daß nichts da ist — dann aber auch jene, welche eine besondere Art des Da-Seins bildet. Die beiden Formen sind nicht leicht zu unterscheiden. Zuweilen ist es, als ob Gott wirklich nicht da wäre und man vernünftigerweise nicht nur mit dem Gebet, sondern auch mit dem Glauben Schluß machen müßte; in Wahrheit handelt es sich aber um eine Prüfung des Glaubens, denn »Himmel und Erde sind seiner Herrlichkeit voll«, wie der Lobgesang des »Sanctus« sagt. Ja dem Glaubenden ist verheißen, daß Gott für ihn nicht nur so da sei, wie für Stein und Baum, sondern in besonderer Weise, nämlich »bei ihm«, deshalb, weil Er ihn liebt. Die Erde ist aber der Ort der Verhülltheit; und einer der dichtesten Schleier, der sich vor Gott legen kann, ist, daß man nichts von seiner Nähe weiß. In dieser Leere kann sich aber auch etwas Eigentümliches anzeigen: etwas Bedeutungsvolles, das aber durch nichts ausgedrückt werden kann; ein Sinn mitten im anscheinenden Nichts, der sich wider alle Unmöglichkeit behauptet. Öfter, als man denkt, ist es so, und man sollte besser darauf achten. Dieser Hauch, dieser »unauffaßbar feine Sinnpunkt« bildet die fernste Selbstbezeugung Gottes. Scheinbar ein Nichts, und doch fähig, den Glauben zu tragen, so daß er ausharren kann.

Tut er so, dann wird die Leere einmal ausgefüllt. Gott ist ja nicht nur Gedanke oder Phantasie, oder Gefühl sondern Wirklichkeit. Und Er lebt nicht in selig, gleichgültiger Enthobenheit über uns dahin, sondern liebt uns. Und Er ist der Herr, der Freie und Mächtige. So gibt es für Ihn keine Schranke, nicht einmal die unserer Herzenskälte, und Er wird sich dem, der in Treue ausharrt, bezeugen. Wäre Gott nur ein Gedanke oder ein Gefühl, dann lieber die Dinge in ihrer Farbigkeit, die Menschen in ihrer Lebendigkeit, die Erde in ihrer Süße und Schwere! Er ist aber der Lebendige Gott, der gesagt hat: »Siehe, ich stehe vor der Türe und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür aufmacht, zu dem will ich eingehen.« (vgl. Offb 3,20)

 

(Zum Anhören bitte auf den Pfeil klicken.) 

Über die Mühsal des Gebetes von Romano Guardini (1885 - 1968):
aus dem Buch »Vorschule des Betens«. (Textquelle: Die Feier des Stundengebetes, Monastisches Lektionar II, 2; EOS-Verlag, St. Ottilien)

Sonntag, 12. Oktober 2008

Die drei ??? an der Krippe



NACHWORT

Das erfolgreichste Fernsehformat der letzten Jahre sind Wohn-Schows, Deko-Soaps: "Es sind faktisch Horrorfilme, und sie handeln davon, wie der einzelne sich ins Private flüchtet - aber die Öffentlichkeit rückt gnadenlos hinterher und hält voll mit der Kamera drauf. Zu sehen sind: Wohnungen von völlig fremden Leuten, von Leuten, die es aufgegeben haben, die einfach nicht mehr weiterwissen. Sie hätte es auch gern endlich mal ein bißchen schön, sagt abgewirtschaftet die Frau, die dort wohnt, sie komme aber nicht dazu.
Ganze Lebensläufe liegen da plötzlich vor einem, man kann in diesen Einrichtungsruinen lesen wie in einem offenen und lei­der leeren Sparbuch. Die Leute lassen die Hosen weiter herunter als in den schlimmsten Nachmittagstalkshows, zur Belohnung stellen einem die vom Fernsehen dafür aber auch eine komplett neue Einrichtung in die Wohnung. Schlichte, klare Formen, hell, zur Zeit meistens auch irgendwas in Orange, nächstes Jahr vermutlich dann in Gelb, und fast immer mit »Loungecharakter«. Vorher sah es aus wie bei jemandem zu Hause, nachher wie bei Ikea. Die Frau weint vor Freude. Ich weine auch. - Aber vor Angst.

Ja, ich habe wirklich Angst vor solchen Sendungen und den Frauen, die sie moderieren, vor Sonya Kraus und vor Enie van de Meiklokjes und am allermeisten vor Tine Wittler.Tine Wittler [geb. 1973] ist angeblich genauso alt wie ich, könnte aber meine Mutter sein, sie benimmt sich jedenfalls so. Ihre physische Erscheinung muß man mit dem Wort durchsetzungsfähig beschreiben, und ihre Sendung trägt nicht ohne Grund den martialischen Namen
»Einsatz [besser wäre: "Einmarsch"] in vier Wänden«. Tine Wittler ist eine Wohnmatrone, die mit einer ganz besonders großen Portion Mutterwitz durch das Abendprogramm walzt, Haustüren eintritt, keinen Stein auf dem anderen läßt. Nie war man in seinen eigenen vier Wänden weniger sicher als heute. Immer diese Angst, daß meine Nachbarn [bzw. ratlose Mitbrüder in den benachbarten Klosterzellen] sich bei Tine Wittlers Sendung bewerben, und dann verwechselt die aber aus Versehen die Tür, es klingelt [klopft], ich ahne nichts Böses, und draußen steht plötzlich ein Fernsehteam, Kameralampen gehen an, der Ton läuft, ich werde durch den Flur geschubst, drehe mich um, ... daraufhin schiebt sich die Decotainment-Mutti ins Bild und sagt: »Hier wohnst du also« — und bei dem Wort »wohnen« malt sie mit den Fingern Gänsefußchen in die Luft, daß es aussieht, als wolle sie ein ganzes Flugzeug voller Sarkasmus auf die Landebahn winken. Mit stummfilmhaft überdeutlich ausgedrücktem Entsetzen schaut sie in das, wofür ich Miete zahle: »Nun: Jaaaa«, sagt sie dann, »wie siehst du selbst denn das Problem?«

Es gebe, eigentlich, keines, sage ich.

»Nein?«, fragt mit einem belustigten Kiekser in der Stimme sie — und dann klingt sie wie jemand, der einem Kleinkind den Nuckel in den Mund zurückschiebt: »Kein Problem? Wir lösen es trotzdem!«


Einrichtungsexperten, Psychoanalytiker, Türkengangs — es ist immer das gleiche Schema:

Hast du ein Problem?

Nein.

Doch.

Nein.

Bumm.

Jedesmal brummt einem der Kopf hinterher mehr als vorher. Und das liegt daran, daß es einen Spruch gibt, mit dem man einen Menschen genauso wirkungsvoll vor den Kopf schlagen kann wie mit einer Axt.

Dieser Spruch lautet: »Zeig mir deine Wohnung, und ich sage dir, wer du bist.«
Man kann es gar nicht dramatisch genug sagen: Dieser Satz ist für die moderne Wohnkultur, was in den antiken Mythen die Büchse der Pandora war. Seit er in der Welt ist, herrschen Unglück, Konfusion und Selbsthaß unter den Mietern...".

Dieses "Nachwort" stammt übrigens aus dem "Vorwort" des unbedingt lesenswerten Buches >> "Deutsches Haus" von Peter Richter. Nur durch Peter Richters "genialen" Bestseller wurde ich überhaupt auf Tine Wittler aufmerksam, da ich im Kloster seit 11 Jahren kein Fernsehen mehr schaue. (Ohne übrigens den Eindruck zu haben, viel versäumt zu haben.) - Aber als Kloster-Webmaster ist natürlich das WWW mein Medium, und so wurde ich sehr schnell bei YouTube fündig, um mir ein (ziemlich erschreckendes) Bild von Tine Wittler zu machen. - Dieser Vlog-Beitrag ist also das Ergebnis dieser "Wer ist Tine-Wittler-Suche".