Das Gebet kann wirklich eine Mühsal sein. Manchmal geht es leicht, als lebendige Sprache vom Herzen; aufs Ganze des Lebens und die Vielheit der Menschen gesehen, bleibt das aber eine Ausnahme. Meistens muß es gewollt und geübt werden; und die Mühe dieser Übung kommt zu einem guten Teil daher, daß die Wirklichkeit Gottes nicht empfunden wird. Dem Betenden ist dann zumute, als ob er im Leeren stehe, und alles andere scheint dringlicher, weil es fühlbar da ist. So kommt es darauf an, auszuharren. Wer sagt, das Gebet gebe ihm nichts, oder sein Inneres dränge ihn nicht dazu, oder es werde unecht und so lasse er es lieber, verläßt den Dienst und verliert, worum es da geht. Denn in der Leere der Stunde auszuhalten hat einen besonderen Sinn, der durch kein noch so lebendiges Gebet zu anderer Zeit ersetzt werden kann. Es bedeutet nämlich, mit dem Glauben im strengsten Sinne Ernst zu machen; das Gebet ganz aus der Treue gegen Gottes Wort zu vollbringen und ins Dunkle zu sprechen, auf Den hin, der hört, auch wenn man von Ihm nichts weiß.
Es gibt verschiedene Formen der Leere. Einmal jene, die einfach ein Fehlen bedeutet, die Tatsache, daß nichts da ist — dann aber auch jene, welche eine besondere Art des Da-Seins bildet. Die beiden Formen sind nicht leicht zu unterscheiden. Zuweilen ist es, als ob Gott wirklich nicht da wäre und man vernünftigerweise nicht nur mit dem Gebet, sondern auch mit dem Glauben Schluß machen müßte; in Wahrheit handelt es sich aber um eine Prüfung des Glaubens, denn »Himmel und Erde sind seiner Herrlichkeit voll«, wie der Lobgesang des »Sanctus« sagt. Ja dem Glaubenden ist verheißen, daß Gott für ihn nicht nur so da sei, wie für Stein und Baum, sondern in besonderer Weise, nämlich »bei ihm«, deshalb, weil Er ihn liebt. Die Erde ist aber der Ort der Verhülltheit; und einer der dichtesten Schleier, der sich vor Gott legen kann, ist, daß man nichts von seiner Nähe weiß. In dieser Leere kann sich aber auch etwas Eigentümliches anzeigen: etwas Bedeutungsvolles, das aber durch nichts ausgedrückt werden kann; ein Sinn mitten im anscheinenden Nichts, der sich wider alle Unmöglichkeit behauptet. Öfter, als man denkt, ist es so, und man sollte besser darauf achten. Dieser Hauch, dieser »unauffaßbar feine Sinnpunkt« bildet die fernste Selbstbezeugung Gottes. Scheinbar ein Nichts, und doch fähig, den Glauben zu tragen, so daß er ausharren kann.
Tut er so, dann wird die Leere einmal ausgefüllt. Gott ist ja nicht nur Gedanke oder Phantasie, oder Gefühl sondern Wirklichkeit. Und Er lebt nicht in selig, gleichgültiger Enthobenheit über uns dahin, sondern liebt uns. Und Er ist der Herr, der Freie und Mächtige. So gibt es für Ihn keine Schranke, nicht einmal die unserer Herzenskälte, und Er wird sich dem, der in Treue ausharrt, bezeugen. Wäre Gott nur ein Gedanke oder ein Gefühl, dann lieber die Dinge in ihrer Farbigkeit, die Menschen in ihrer Lebendigkeit, die Erde in ihrer Süße und Schwere! Er ist aber der Lebendige Gott, der gesagt hat: »Siehe, ich stehe vor der Türe und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür aufmacht, zu dem will ich eingehen.« (vgl. Offb 3,20)
(Zum Anhören bitte auf den Pfeil klicken.) Über die Mühsal des Gebetesvon Romano Guardini (1885 - 1968): aus dem Buch »Vorschule des Betens«.
(Textquelle: Die Feier des Stundengebetes,
Monastisches Lektionar II, 2; EOS-Verlag, St. Ottilien)
Seit 1997 Benediktinermönch in der Erzabtei St. Ottilien (Bayern). Wurde dort 2004 zum Priester geweiht. Bisherige Tätigkeitsfelder: Seelsorger, Klosterbibliothekar, Webmaster, Mitarbeiter in der hauseigenen Klostermetzgerei. Mitglied des Geheimen Rates.
Mich interessieren besonders: Gott, die Musik Richard Wagners, gute Zigarren und lesenswerte Bücher (genau in dieser Reihenfolge).
Weltkindertag und Abtreibung
-
Der Weltkindertag am 20. September stand im Jahr 2024 unter dem Motto „Mit
Kinderrechten in die Zukunft“. Am darauffolgenden Sonntag sagte der
Predige...
Royal Twist …. ist das schon Nostalgie?
-
Oftmals schon habe ich mich zu der hervoragenden Komponentenqualtität und
der stets ausgezeichneten Herstellung diverser Produktformate bei MacBaren
geäu...
Lavash – Immaterielles Weltkulturerbe
-
Während meiner Armenienreise hat unsere Gruppe auch zusehen dürfen, wie
höchst routiniert auf traditionelle Weise Lavash gebacken wurde. Das
traditionelle ...
Eine Friedhofsgeschichte
-
Dieser Eintrag ist natürlich mittlerweile veraltet und überholt.
Die geschilderte Begebenheit ist es aber nicht.
Es geschah zu einer Zeit, als die Russen...
Ein wichtiges Zeitdokument
-
Zwischen den ganzen "Influenza" (Monika Gruber)- Videos und sonstigen
Unnötigkeiten findet sich eine Perle aus dem Archiv des ZDF: Eine Reportage
plus Pf...
„Wohin auch immer das führen wird“
-
Und zum Schluss war es dann doch wieder Rom. Als Kardinal Marx seinen Brief
vorstellte und seine Begründung zum angebotenen Amtsverzicht vorstellte,
war ...
Was Neues
-
Was die Pest nicht geschafft hat, was geschätzte 20.000 Tote alleine in
Deutschland (durch einen Virus) in der Wintersaison 2017/2018 nicht
geschafft haben...
die Freiheit eines Märtyrers
-
Am 03. Februar feiern wir Benediktiner von Admont unser Patrozinium. Auch
dieses Jahr kam Prior P. Maximilian Krenn OSB, Administrator des Kärntner
Benedik...
Times are a changin!
-
Liebe Pfeifenfreunde,
vor ein paar Jahren haben Mani Arenz und ich diesen Blog zum Thema "Pfeife
rauchen" gegründet. Der Blogname stammt von unseren Nickna...
Das müssen in Zukunft Ehrenamtliche machen
-
Immer wenn ich den Satz „Das müssen in Zukunft Ehrenamtliche machen“ höre,
dann entsichere ich meinen Colt. — Martin Recke (@mr94) January 9, 2018 Was
bede...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen