Dies ist vor allem ein explosiv schneller Zyklus. Chailly bleibt Beethovens Metronomangaben absolut treu – sogar jenen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts fast sicher nicht umgesetzt werden konnten, wie etwa der für das Finale der Zweiten. Gelegentlich – etwa im Eröffnungssatz der Eroica – scheint die Geschwindigkeit der Musik etwas von ihrer Schwere zu rauben, aber die Straffheit des Spiels, die Detailgenauigkeit – insbesondere der Holzbläser – und die phänomenale dynamische Bandbreite, die dem Gewandhausorchester zur Verfügung steht, bedeuten, dass Chailly immer dann Gewicht und Dramatik zur Verfügung hat, wenn er sie braucht. Der Klang erhält durch die Akustik des Gewandhauses zusätzliche Wärme, aber wie donnernd einige der Höhepunkte auch sein mögen, ob in den frühen Symphonien, die die späteren Revolutionen vorwegnehmen, oder in Werken wie der Fünften, Siebten und Neunten in all ihrer Majestät, die Texturen dieses herausragenden Orchesters bleiben wunderbar transparent.
Das Ergebnis ist ein Beethoven-Zyklus, der sich mit den besten modernen Orchesterversionen der letzten Zeit messen kann, von Abbado (für Deutsche Grammophon) und Rattle (EMI), und der zudem das scheinbar Unmögliche schafft – die Musik wie neu geschaffen erscheinen zu lassen, ohne auch nur die geringsten Zugeständnisse an die historische Aufführungspraxis zu machen. Das Set enthält außerdem sieben Ouvertüren Beethovens – die ersten beiden Leonora-Ouvertüren fehlen – und es ist bemerkenswert, vergleichsweise seltene Stücke wie Die Ruinen von Athen und König Stephan mit der gleichen Intensität wie die Symphonien zu hören. Sie sind das Sahnehäubchen auf dem Kuchen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen