Donnerstag, 20. Februar 2025
Sir Simon Rattle dirigiert Haydns „Schöpfung“ in der Basilika Ottobeuren
Mittwoch, 19. Februar 2025
Aktuelle Tischlesung im Kloster - Papst Franziskus: Hoffe! - Die Autobiografie
Buchtipp - Alex Ross: Die Welt nach Wagner - Ein deutscher Künstler und sein Einfluss auf die Moderne
(Christian Wildhagen - Neue Zürcher Zeitung)
(Wolfram Goertz - Rheinische Post)
Yannick Nézet-Séguin dirigiert Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 1 D-Dur - "Titan"
Von Schlümpfen und Heldentenören - Mein Wagner Erstkontakt
Mittwoch, 12. Februar 2025
Von der Faszination historischer Aufnahmen (8) - Bruno Walters legendäre Kultaufnahme des ersten Aktes der Walküre mit Lauritz Melchior und Lotte Lehmann (1935)
Dienstag, 4. Februar 2025
"Die Beichte als Voraussetzung für die Erstkommunion gehört abgeschafft"
Das ist die Meinung von Frau Gabriele Höfling, Redakteurin bei katholisch.de (15.1.2025). Sie schreibt:
Die bisherige, im Kirchenrecht verankerte Praxis, den Erstkommunionempfang von 8- oder 9-Jährigen an die Bedingung der vorherigen Beichte zu knüpfen, ist hochproblematisch. Das zeigt eine ganze Reihe von Argumenten: Einerseits sind Kinder entwicklungspsychologisch laut Experten in diesem Alter noch gar nicht in der Lage, Konzepte wie Schuld und Sünde richtig zu begreifen.
Meine Frage: Sind denn die Kinder in diesem Alter fähig, das Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“? Meine Erfahrungen: Wenn ich die Kommunion austeile an Kinder in diesem Alter, dann habe ich den Eindruck, dass sie nicht wissen, was sie empfangen. Dabei bin ich mir nicht sicher, woran es liegt: an der mangelnden Intelligenz der Kinder? Oder gibt es noch einen anderen Grund? In den Gemeinden sind es meist die einsatzfreudigen sogenannten Kommunionmütter. Wer katechetisiert die Katecheten?
Da man aber landauf landab nicht daran denkt oder es nicht wagt, über den rechten Zeitpunkt der Erstkommunion nachzudenken, scheint man also der Meinung zu sein, die Kinder in diesem Alter seien zwar entwicklungspsychologisch nicht in der Lage, Konzept wie Schuld und Sünde richtig zu begreifen, aber sie seien dennoch in der Lage, das Konzept der Eucharistie zu begreifen. Denn da werden bis jetzt keine Bedenken geäußert. Warum eigentlich nicht?
Also: Wenn man den Kindern zutraut, das Mysterium der Eucharistie „richtig zu begreifen“ und sich dem entsprechend zu verhalten, und das sollte sich eigentlich zeigen in einem andächtigen und ehrfürchtigen Empfang des Leibes des Herrn, dann sind sie auch fähig, Wesen und Bedeutung des Sakramentes der Versöhnung „richtig zu begreifen“, vorausgesetzt, es wird ihnen von Katecheten recht vermittelt, die – im Ideal-Fall – selber eine ordentliche Beichtpraxis pflegen. Meine Erfahrungen beim Hören dieser Erstbeichten waren für mich erschreckend: weder ein (kindgemäßes) Sündenbewusstsein noch eine (kindgemäße) Sündenerkenntnis der Beichtenden! Ich fragte mich danach: wie und von wem sind diese Kinder nur vorbereitet worden?
Studien haben zudem belegt, dass die Beichte anfällig ist für die Anbahnung von Kindesmissbrauch.
Mein Zwischenruf: Um genau das zu verhindern, haben wir die gute alte Tradition von Beichtstühlen, die aber seit Jahren als Abstellkammern für Staubsauer und Putzmaterial missbraucht werden, wenn sie denn nicht schon entsorgt worden sind.
Zudem wirkt in einer Zeit, in der auch bei Erwachsenen die Beichtpraxis stark zurückgeht, ein Beichtzwang für Kinder grotesk.
Zwischenrufe: Sollte der Rückgang der Beichtpraxis bei Erwachsenen eine Handlungsorientierung für die nachwachsende Generation der Zukunft sein? Weil die Erwachsenen nicht beichten, deswegen sollen die Kinder nicht vernünftig zur Beichte geführt werden? Was ist das denn für eine Logik? Dabei ist doch eine kindgemäße Beichtkatechese und Beichtpastoral die Chance für die Zukunft, dieses wunderbare Sakrament allmählich wieder in die normale Pastoral einzuführen! Das pastorale Personal könnte doch mit Katechesen zum Sakrament der Beichte beginnen. Dazu muss man keine Klimmzüge machen. Das GOTTESLOB bietet ausgezeichnetes Material: 597 DIE (ERST-)BEICHTE VON KINDERN und 598 HILFEN ZUR GEWISSENSERFORSCHUNG FÜR KINDER. Die beste Voraussetzung dafür ist eine gute Beichtpraxis der Katecheten, welche die Kinder zur Beichte hinführen wollen. Die Verwirrung scheint nicht gering, selbst bei Priestern. Als ich in einer sakramentalen Beichte das Bekenntnis meiner Sünden abgelegt hatte, sagte mir der Beichtpriester, der es sicher nur gut meinte: „Aber Herr Pater, Sie müssen doch auch sehen, was Sie Gutes getan haben!“ Vielleicht dachte er, ich sei depressiv, und glaubte, mich trösten und mir einen guten Zuspruch geben zu müssen. Ich antwortete: „Ich dachte, in der Beichte solle ich alle meine Sünden und nur meine Sünden bekennen, und nicht meine guten Taten aufzählen.“ Danach fragte ich mich, was dieser Priester in seiner Pfarrei den Kindern zur Vorbereitung der Beichte erzählen wird, vielleicht in dem Stil: „Liebe Kinder, ihr könnt ganz beruhigt alle eure Probleme erzählen. Der Priester wird euch gut zuhören und ihr braucht keine Angst zu haben.“ Dann kann es passieren, dass die Kinder in der Beichte ihre Probleme mit den Eltern erzählen und von dem Stress, den sie mit ihnen haben, erzählen, aber nicht ihre Sünden bekennen.
Schließlich ist die Erstkommunionkatechese inzwischen für nicht wenige Familien der erste tiefere Berührungspunkt mit der Kirche. Dann gleich mit dem hochtheologischen Sakrament der Buße und Versöhnung zu kommen, kann leicht überfordern.
Zwischenrufe: Ist das Sakrament der Eucharistie weniger „hochtheologisch“? Wenn es aber ebenso hochtheologisch ist wie das Sakrament der Buße, dann ist es konsequent, auch für dieses Sakrament einen geeigneteren zeitlichen Ansatz zu finden. Aber diese Frage scheint nicht im Fokus zu stehen. Warum nicht? Vielleicht deswegen nicht, weil mit dieser Feier sentimentale, nostalgische, romantische Bedürfnisse befriedigt werden; oder gibt es einen „Gottesbedarf“? Ich bin mir nicht sicher, denn nach dem Weißen Sonntag ist kein Gottesbedarf mehr vorhanden.
Eine negative erste Beichterfahrung ist für den weiteren Zugang zur Beichte aber wohl eher abträglich. Das wäre tragisch, denn bei einem richtigen Verständnis kann das Sakrament tatsächlich eine positive, befreiende und stärkende Wirkung haben.
Richtig. Die Lösung ist eine adressaten-adäquate Beichtkatechese.
Ansätze, die bisherige Herangehensweise zu ändern, gab und gibt es schon: Die Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Freiburg etwa forderte 2024 eine Verlegung der ersten Beichte auf das Jugendalter.
Zwischenruf: Super! Dann doch bitte auch die Zulassung zum Empfang der Eucharistie. Aber jetzt mal ehrlich: ist denn das die Lösung? Eine „Verlegung der ersten Beichte auf das Jugendalter“ kann die Lösung sein, wenn die Vorbereitung auf die Beichte mystagogisch gestaltet wird. Und es bleibt die Frage nach dem rechten Zeitpunkt für die ersten Empfang der Eucharistie. Kann denn das so bleiben? Ist denn das alles so ok? Oder scheut man sich nur deswegen, dieser Frage nachzugehen, weil man jetzt schon den Aufschrei der (nicht praktizierenden) Eltern scheut?
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es laut der Theologin Birgit Jeggle-Merz bis in die 1970er-Jahre vorübergehend Ausnahmegenehmigungen, die die Beichte erst nach der Erstkommunion ermöglichten.
Zwischenfrage: Was ist der Vorteil? Und überhaupt: warum soll denn die Erstkommunion so früh erfolgen?
Jetzt gilt es, das Thema umfassend anzugehen.
Richtig, dann aber auch bitte wirklich umfassend, und nicht nur im Blick auf die Beichte. Und damit meine ich: den Weg der Initialisierung in die Christwerdung bei Beibehaltung der bei uns bis jetzt immer noch üblichen Kindertaufe.
Vielleicht könnte für Papst Franziskus ja das gerade begonnene Heilige Jahr der Versöhnung ein Anlass sein, das Kirchenrecht in Bezug auf die Kinderbeichte ändern.
Zwischenrufe: Das ist zu kurz gedacht. Es braucht mehr. Ganz besonders ein Überdenken der aktuellen Praxis der Spendung des Sakramentes der Firmung. Machen wir uns doch nichts vor: paradoxer oder perverser Weise: ausgerechnet das Sakrament der Mündigkeit ist zum großen Abschiedsfest von der Kirche geworden. Und alle spielen mit, besonders die Bischöfe.
Ein Gastbeitrag von P. Willibrord Driever OSB
Samstag, 1. Februar 2025
Von der Faszination historischer Aufnahmen (7) - Rudolf Kempes' Dresdner Meistersinger
Mittwoch, 29. Januar 2025
Musik vom Himmel: Bruckners Motetten
Anton Bruckner (1824-1896) gilt als einer der größten Symphoniker des 19. Jahrhunderts. Aber auch Chormusik war ein integraler Bestandteil des Schaffens des Komponisten. Dieses Album enthält eine Auswahl kleinerer Chorwerke, die zwischen 1848 und 1892 geschrieben wurden. Viele dieser Werke gerieten lange in Vergessenheit. Doch nach einer langen Zeit am Rande der Chorwelt sind Bruckners Motetten nun endlich in ein breiteres Bewusstsein zurückgekehrt. Der Lettische Radiochor (LRC) zählt zu den besten professionellen Kammerchören in Europa und sein ausgeprägter Geschmack für musikalisches Material, die Feinheit des Ausdrucks und sein unglaublich großer Stimmumfang haben ihn zu einer bekannten Marke auf der Weltkarte gemacht. Das Repertoire des LRC reicht von der Musik der Renaissance bis zu den anspruchsvollsten Partituren moderner Komponisten; Man könnte es als Klanglabor bezeichnen: Die Sänger erforschen ihre Fähigkeiten, indem sie sich den Geheimnissen des traditionellen Gesangs sowie der Kunst des Viertelton- und Obertongesangs und anderen Techniken der Klangerzeugung widmen. Der Chor hat ein neues Verständnis der Möglichkeiten einer menschlichen Stimme etabliert; Man könnte auch sagen, dass der Chor der Schöpfer eines neuen Chorparadigmas ist: Jeder Sänger ist ein eigenständiges Individuum mit seiner eigenen Stimmhandschrift und seinen eigenen Rollen bei Aufführungen.
Dienstag, 28. Januar 2025
Das Kloster des Schweigens
Fünf volle Jahre lebt Schwester Agnes schweigend im Kloster. An ihrem fünften Jahrestag besucht Mutter Theresa sie und sagt: "Schwester Agnes, du bist jetzt fünf Jahre hier. Du darfst zwei Worte sagen. " Darauf meint Schwester Agnes: "Bett hart." "Es tut mir leid, das zu hören," sagt Mutter Theresa, "wir werden dir ein weicheres Bett besorgen."
Es vergehen nochmals fünf Jahre bis Mutter Theresa wieder zu Besuch kommt und sagt: "Schwester Agnes, du bist nun zehn Jahre bei uns. Du darfst zwei Worte sagen." Schwester Agnes klagt: "Essen kalt." Mutter Theresa verspricht ihr, dass das Essen in Zukunft besser sein wird.
An ihrem fünfzehnten Jahrestag im Kloster besucht sie wiederum Mutter Theresa und sagt: "Schwester Agnes, du bist nun schon fünfzehn Jahre bei uns. Du darfst zwei Worte sagen." "Ich gehe." sagt Schwester Agnes. Daraufhin nickt Mutter Theresa und meint: "Das ist wahrscheinlich auch besser so. Seitdem Du hier bist, zickst du nur rum..."
Dienstag, 21. Januar 2025
Digitale Ringvorlesung: Spiritualität der Orden
Montag, 20. Januar 2025
Musik, die das Leben lebenswerter macht: Chaillys Beethoven-Zyklus mit dem Gewandhausorchester
Benedikt XVI. über die Musik
Dankesworte von Benedikt XVI., Papa emeritus, zur Verleihung des Ehrendoktorats der Päpstlichen Uni Johannes Paul II. und der Musik-Akademie von Krakau (Polen), Castel Gandolfo, 4. Juli 2015
In dieser Stunde kann ich nur ein großes Wort herzlichen Dankes sagen für die Ehre, die Sie mir mit dem Doctoratus honoris causa geschenkt haben. Mein Dank gilt besonders dem Großkanzler, der lieben Eminenz Kardinal Stanisław Dziwisz, und den akademischen Autoritäten der beiden Akademischen Institutionen. Ich freue mich vor allem, daß auf diese Weise meine Verbindung mit Polen, mit Krakau, mit der Heimat unseres großen heiligen Johannes Paul II. noch tiefer geworden ist. Denn ohne ihn ist mein geistlicher und theologischer Weg nicht denkbar. Er hat uns auch durch sein lebendiges Beispiel gezeigt, wie die Freude an der großen Kirchenmusik und der Auftrag zur gemeinsamen Teilnahme an der heiligen Liturgie, wie die festliche Freude und die Einfachheit der demütigen Feier des Glaubens miteinander gehen können.
An dieser Stelle war ja ein uralter Gegensatz in den Jahren der Nachkonzilszeit mit neuer Leidenschaft aufgebrochen. Ich selber bin im Traditionsraum von Salzburg aufgewachsen. Die festlichen Messen mit Chor und Orchester gehörten ganz selbstverständlich zu unserem gläubigen Erleben der Liturgie. Es bleibt mir unvergessen, wie zum Beispiel mit den ersten Klängen der Krönungsmesse von Mozart irgendwie der Himmel aufging und die Gegenwart des Herrn ganz tief zu erleben war. Aber daneben war doch auch schon die neue Welt der Liturgischen Bewegung gegenwärtig, besonders durch einen unserer Kapläne, der später Subregens und Regens in Freising wurde. In meinem Studium in München bin ich dann durch die Vorlesungen von Professor Pascher, einem der bedeutenden Konzilsexperten, und vor allem durch das liturgische Leben in der Seminargemeinschaft ganz konkret in die Liturgische Bewegung hineingewachsen. So wurde langsam die Spannung zwischen der der Liturgie gemäßen participatio actuosa und der die heilige Handlung überwölbenden festlichen Musik spürbar, auch wenn ich sie noch nicht allzu stark empfunden habe.
In der Liturgie-Konstitution des II. Vatikanischen Konzils steht ganz klar der Satz: „Der Schatz der heiligen Musik muß mit größter Sorge bewahrt und gefördert werden“ (114). Auf der anderen Seite steht die Betonung der participatio actuosa aller Gläubigen am heiligen Geschehen als liturgische Grundkategorie im Text. Was in der Konstitution noch friedlich beieinander ist, ist dann in der Rezeption des Konzils in eine oft dramatische Spannung zueinander getreten. Maßgebende Kreise der Liturgischen Bewegung waren der Meinung, die großen Chorwerke und gar die Orchester-Messen hätten in Zukunft nur noch Raum in den Konzertsälen, nicht in der Liturgie. In ihr könne nur das gemeinsame Singen und Beten aller Gläubigen Platz haben. Auf der anderen Seite war da das Erschrecken über die kulturelle Verarmung der Kirche, die damit verbunden sein mußte. Wie läßt sich beides zusammenbringen? Wie ist das Konzil in seiner Ganzheit zu verwirklichen – das waren die Fragen, die sich mir und vielen anderen Gläubigen, einfachen Menschen wie theologisch Gebildeten, aufdrängten.
Vielleicht ist es richtig, an dieser Stelle die Grundfrage zu stellen: Was ist das überhaupt – Musik? Was ist ihr Woher und was ist ihr Wozu? Ich denke, man könne drei Ursprungsorte der Musik ausmachen.
- Ein erster Ursprung ist die Erfahrung der Liebe. Wenn Menschen von der Liebe ergriffen wurden, ging eine andere Dimension des Seins auf, eine neue Größe und Weite der Wirklichkeit. Und die drängte auch zu einer neuen Weise sich auszudrücken. Poesie, Gesang und Musik überhaupt sind ganz von selbst durch dieses Getroffensein, durch dieses Eröffnetsein einer neuen Dimension des Lebens entstanden.
- Ein zweiter Ursprungort der Musik ist die Erfahrung der Trauer, die Berührung durch den Tod, durch Leid und die Abgründe des Daseins. Auch hier eröffnen sich, nach der anderen Seite hin, neue Dimensionen der Wirklichkeit, die mit dem Reden allein nicht mehr beantwortet werden können.
- Endlich der dritte Ursprungsort der Musik ist die Begegnung mit dem Göttlichen, die von Anfang an zum Menschsein gehört. Hier erst recht ist das ganz Andere und Große da, das im Menschen neue Weisen hervorruft sich auszudrücken. Vielleicht kann man sagen, daß in Wirklichkeit auch in den beiden anderen Bereichen – Liebe und Tod – uns das göttliche Geheimnis berührt und in diesem Sinn insgesamt das Angerührtwerden von Gott Ursprung der Musik ist. Ich finde es bewegend zu sehen, wie etwa in den Psalmen den Menschen auch das Singen nicht mehr ausreicht, sondern alle Instrumente aufgerufen werden – die verborgene Musik der Schöpfung, ihre geheimnisvolle Sprache geweckt wird. Mit dem Psalterium, in dem ja auch die beiden Motive Liebe und Tod immer wirksam sind, stehen wir direkt am Ursprung der Musik der Kirche Gottes. Man kann wohl sagen, daß die Qualität der Musik an der Reinheit und Größe der Begegnung mit dem Göttlichen, mit der Erfahrung der Liebe und des Schmerzes steht. Je reiner und je wahrer diese Erfahrung ist, desto reiner und größer wird auch die Musik sein, die daraus hervorwächst.
An dieser Stelle möchte ich einen Gedanken vorbringen, der mich in letzter Zeit immer mehr beschäftigt, je mehr die verschiedenen Kulturen und Religionen miteinander in Beziehung treten. Es gibt große Literatur, große Architektur, große Malerei, große Skulpturen in den verschiedensten kulturellen und religiösen Räumen. Überall gibt es auch Musik. Aber Musik von der Größenordnung, wie sie im Raum des christlichen Glaubens entstanden ist – von Palestrina, Bach, Händel zu Mozart, zu Beethoven und zu Bruckner – gibt es in keinem anderen Kulturraum. Die abendländische Musik ist etwas Einzigartiges, ohne Entsprechung in anderen Kulturen. Dies muß uns zu denken geben.
Natürlich reicht die abendländische Musik weit über den Bereich des Kirchlichen und Religiösen hinaus. Aber ihren inneren Quellort hat sie doch in der Liturgie. Bei Bach, für den die Herrlichkeit Gottes letztlich Ziel aller Musik war, ist dies ganz deutlich. In der Begegnung mit dem Gott, der uns in der Liturgie in Jesus Christus begegnet, ist die große und reine Antwort der abendländischen Musik gewachsen. Sie ist für mich ein Wahrheitsbeweis des Christentums. Wo solche Antwort wächst, ist Begegnung mit der Wahrheit, mit dem wahren Schöpfer der Welt geschehen. Deswegen ist die große Kirchenmusik eine Realität von theologischem Rang und von immerwährender Bedeutung für den Glauben der ganzen Christenheit, auch wenn sie keineswegs überall und immer aufgeführt werden muß. Aber andererseits ist doch auch klar, daß sie nicht aus der Liturgie verschwinden darf und daß ihre Gegenwart eine ganz besondere Weise der Teilhabe an der heiligen Feier, am Geheimnis des Glaubens sein kann.
Wenn wir an die vom heiligen Johannes Paul II. in allen Kontinenten gefeierte Liturgie denken, sehen wir die ganze Breite der Ausdrucksmöglichkeit des Glaubens im liturgischen Geschehen, und wir sehen auch, wie die große Musik der abendländischen Tradition nicht liturgiefremd ist, sondern aus ihr gewachsen und so immer neu mitgestaltend. Wir wissen nicht, wie es mit unserer Kultur und mit der Kirchenmusik weitergeht. Aber eines ist klar: Wo wirklich Begegnung mit dem in Christus auf uns zugehenden lebendigen Gott geschieht, wächst aucher wieder Antwort, deren Schönheit aus der Wahrheit selber kommt.
Die Arbeit der beiden Universitäten, die mir dieses Doktorat honoris causa verleihen, ist ein wesentlicher Beitrag, daß das große Geschenk der Musik, die aus der Überlieferung des Glaubens kommt, lebendig bleibt und helfen wird, daß die schöpferische Kraft des Glaubens auch in Zukunft nicht erlischt. So danke ich Ihnen allen von Herzen, nicht nur für die Ehre, die Sie mir geschenkt haben, sondern für alle Arbeit, die Sie im Dienst der Schönheit des Glaubens tun. Der Herr segne Sie alle.
(rv)