Samstag, 22. November 2025

Thérèse war verschwunden - Die Erneuerung des Glaubens in der Mystik

Die Praxis der Kontemplation eröffnet einen tieferen Zugang zur Jesus-Geschichte. 

Von Ludger Schwienhorst-Schönberger

Wer mit den geistigen Traditionen des christlichen Glaubens vertraut ist oder auch einige spirituelle Texte anderer Religionen oder Weisheitslehren wie etwa denen des Zen-Buddhismus oder des Advaita Vedanta kennt, begegnet hin und wieder sogenannten Erfahrungsberichten. In ihnen wird erzählt, wie jemand plötzlich in eine andere Dimension der Wirklichkeit versetzt wird. Oft, nicht immer, handelt es sich um Personen, die seit langer Zeit eine geistige Übung praktizieren. Derartige Erfahrungen können während der Kontemplation auftreten, ebenso aber auch außerhalb der Übung, mitten im Alltag.

Über alle kulturellen und individuellen Unterschiede hinweg weisen diese Erfahrungen eine ähnliche Struktur auf: Eine bisher vertraute Form des In-der-Welt-Seins zerbricht, eine neue, so noch nie geschaute Dimension der Wirklichkeit bricht in das Bewusstsein eines Menschen ein. Die Berichte sprechen von einem Erwachen, einer Erleuchtung, einem Sterben und Neugeborenwerden, einer Befreiung. Oft geht ihnen eine Inkubationszeit voraus, in denen sich etwas Neues ankündigt, das ans Licht drängt, doch die allerletzte Phase ist gewöhnlich ein Sprung, ein plötzliches Erwachen.

Die heilige Thérèse von Lisieux berichtet: "An jenem Tag war es nicht mehr ein Blick, sondern eine Verschmelzung (une fusion), da waren nicht mehr zwei, Thérèse war verschwunden (Thérèse avait disparu) wie der Tropfen Wasser sich in der Tiefe des Meeres verliert. Jesus allein blieb, Er war der Herr, der König." Am Tag darauf, so schreibt sie, "flossen wieder meine Tränen mit unbeschreiblicher Sanftheit und ich wiederholte ohne Unterbrechung die Worte des heiligen Paulus: ‚Nicht mehr ich lebe, Jesus lebt in mir‘ [Gal 2,20] (Œuvres complètes, 35vo–36vo).

Derartige Erfahrungen spielen im Alltag christlicher Gemeinden kaum eine Rolle. Auch die akademische Theologie weiß nicht viel mit ihnen anzufangen. Einem aufgeklärten Christentum gelten sie als suspekt und bisweilen sogar als gefährlich.

Liest man, sensibilisiert von derartigen Berichten, mit nüchternem Blick das Neue Testament, so gewinnt man den Eindruck, dass ohne einen solchen Sprung in eine andere Dimension der Wirklichkeit die Jesus-Geschichte nicht wirklich verstanden werden kann. Der Evangelist Johannes macht das gleich zu Beginn seines Evangeliums unmissverständlich klar. Und zugleich gibt er eine Antwort auf die Frage, warum viele Jesus und seine Lehre nicht verstehen und keinen Zugang zum Reich Gottes finden können. Was ihnen fehlt ist eine zweite Geburt, eine "Geburt von oben" (Joh 3,3), eine Geburt "aus dem Geist" (Joh 3,5), eine "Geburt aus Gott" (Joh 1,13).

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QUELLE: COMMUNIO ONLINE (https://www.herder.de/communio/spiritualitaet/die-erneuerung-des-glaubens-in-der-mystik-therese-war-verschwunden/)

Papst Leo XIV. auf der National Catholic Youth Conference aus den USA

Freitag, 21. November 2025

Martinszug ohne Kerzen : Deutschlands falscher Sicherheitswahn

Benjamin Leven meint: Mit ihrer Übervorsicht nehmen viele Eltern ihren Kindern die Chance, Verantwortungsgefühl, Selbstständigkeit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.

 

Kämpfen wir für die überlieferte Messe und den überlieferten Glauben! - Ein Aufruf an alle Priester und Gläubigen.

Von P. Joachim Heimerl von Heimthal*


Es gibt nur wenige Dinge, die es wert sind, für sie zu kämpfen.
Ob zu diesen Dingen bestimmte Staatsordnungen oder moderne Ideologien gehören, darf man bezweifeln, auch wenn dies die meisten Bischöfe behaupten und auch der Papst.

Zu den Dingen, die den Kampf lohnen, gehören dagegen der katholische Glaube und sein authentischer Ausdruck in der Heiligen Messe.


Dass dies allerdings nur die Messe sein kann, die die Kirche seit der Frühzeit gefeiert hat, ist dabei klar.
Klar ist aber auch, dass mit der sogenannten „neuen Messe“ Pauls VI. ein neuer Glaube gekommen ist, und genau hier ist das Problem: Letztlich ist die Kirche über der „neuen Messe“ und den neuen Glauben auseinandergebrochen, und der erbitterte Kampf, der gegen die überlieferte Messe geführt wird, bezeugt eben dies.


Dabei kann niemand ein Katholik sein, der mit dem überlieferten Glauben und der überlieferten Messe nicht übereinstimmt, der sie ablehnt oder – wie Papst Franziskus – gar bekämpft, und an diesem Selbstwiderspruch geht die „neue Kirche“ langsam zugrunde.

Aber wie sieht es aus, wenn man sich nach der anderen Seite wendet, und wie ist es um die bestellt, die dem katholischen Glauben und damit der überlieferten Messe treu geblieben sind?
Gibt es hier wirklich einen gemeinsamen Kampf für die katholische Sache?
Ich wünschte, dem wäre so, aber die Widersprüche innerhalb der Kirche haben längst auch die verschiedenen Gruppen der Tradition erfasst.


Die Bruderschaften „St. Pius“ und „St. Petrus“ stehen symbolisch dafür: Die einen gehen den geraden katholischen Weg, die anderen meinen, sich um jeden Preis dem Papst unterwerfen zu müssen, weil der Papst eben der Papst sei und weil man ohne Papst – einer Art „deus in terris“ – nicht „katholisch“ sein könne. – Dem war einst so; das ist wohl richtig, aber diese Zeiten sind spätestens seit dem unseligen Pontifikat von Franziskus vorbei.


Seitdem haben Häresie, Apostasie und Idolatrie die Kirche erobert, und anstatt für den überlieferten Glauben und die überlieferte Messe zu kämpfen, schielen jene, die noch im wahren Sinne katholisch sind, fortwährend nach Rom, um von dort Erlaubnisse für das zu erbetteln, was immer erlaubt war und nie verboten werden kann, und das ist wiederum die überlieferte Messe.
Papst Pius V. hat ihr „ewige“ Fortgeltung verschafft, ihr einen quasi dogmatischen Charakter verliehen und die Priester ein für allemal an diese Form des römischen Ritus gebunden. – Wer aber hätte je gedacht, dass gerade in der katholischen Kirche „ewig“ nicht „für immer“ heißt?
Und wer hätte je erwartet, dass es so gut wie niemanden gibt, der es wagt, einem Papst zu trotzen, der meint, er könne über die Heilige Messe verfügen, sie mit Verboten versehen und Ausnahmeregelungen schaffen, als sei er allein der Herr des göttlichen Kultes?


Kann denn das Heiligste in der Verfügung eines Menschen und seines hohen Amtes stehen?
Wohl kaum, und wenn dem so wäre: Was wäre das Heilige dann bitte noch wert?

Ich darf gestehen: Ich habe eine heimliche Schwäche für Martin Luther, aber ich hätte nie gedacht, dass ich sie gerade im Zusammenhang mit der überlieferten Messe preisgeben würde.
Meine Schwäche bezieht sich allerdings nur auf Luthers berühmtesten Satz, auf jenen, den er auf dem Reichstag zu Worms vor dem Kaiser gesagt hat: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir.“

Liebe Freunde der überlieferten Heiligen Messe, liebe Katholiken im wahren Sinn!
Wann und wo sprechen Sie diesen oder einen ähnlichen Satz aus und treten damit entschieden für den wahren katholischen Glauben ein?


Es genügt nicht, den römischen Hass auf die „alte“ Messe zu ertragen oder ihn der Einfachheit halber als „notwendiges Übel“ zu spiritualisieren, denn all dies kommt nicht von Gott, sondern höchstens vom Teufel, und genau dem müssen wir um jeden Preis widerstehen.


Liebe Mitbrüder, feiert die überlieferte Messe! Ihr habt keine Erlaubnis dafür notwendig, denn diese Erlaubnis wurde euch durch die Weihe verliehen. Pius V. hat dies bestätigt, und die Geschichte der Kirche hat dies bezeugt!


Wenn euch das nicht genügt, dann genügt nichts mehr, und wenn wir nicht für die Heilige Messe kämpfen, werden wir jeden anderen geistlichen Kampf verlieren.

Vermutlich spüren wir es alle: Wir stehen innerhalb der Kirche in einem letzten Kampf für die Wahrheiten des katholischen Glaubens. Dass dies ein Kampf um die überlieferte Messe ist, ist offensichtlich, und hier gilt es für jeden von uns, seinen Mann zu stehen – und sei es wie Luther auf dem Reichstag zu Worms!


*Joachim Heimerl von Heimthal, Priester der Erzdiözese Wien, studierte Germanistik, Geschichte, Philosophie und Theologie. Er ist promovierter Germanist und war Lehrbeauftragter an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Neben literaturwissenschaftlichen Arbeiten ist er Autor zahlreicher Aufsätze und Kommentare zu kirchlichen Themen in in- und ausländischen Medien.


QUELLE: https://katholisches.info/2025/11/20/kaempfen-wir-fuer-die-ueberlieferte-messe-und-den-ueberlieferten-glauben/


Bild: Wikicommons, "Anbetung des Lammes" von Jan van Eyck, Genter Altar, 15. Jahrhundert

IMPULS: „Damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft“



„Damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft“ 
 
Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas - Lk 12,35-38. 

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen! 

Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! 

Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. 

Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie. 

Das Wort Gottes scheucht den Faulen auf und weckt den Schläfer. Wer an die Tür klopft, möchte doch immer auch eintreten. Es liegt an uns, wenn er nicht immer hereinkommt oder nicht immer bei uns bleibt. Halte deine Tür also offen für den, der da kommt! Öffne deine Seele, erweitere die Fassungskraft deines Geistes, um den Reichtum der Einfachheit, die Schätze des Friedens und die Süße der Gnade zu erkunden! Mach weit dein Herz, lauf der Sonne des ewigen Lichts entgegen, das „jeden Menschen erleuchtet“ (Joh 1,9)! 

Dieses wahre Licht leuchtet gewiss für alle. Verschließt jedoch einer seine Fenster, so bringt er sich selbst um das ewige Licht. Selbst Christus bleibt draußen, wenn du die Tür deiner Seele verschließt. Er könnte zwar eintreten, aber er will sich nicht mit Gewalt Zugang verschaffen; er möchte denen, die ihn ablehnen, keinen Zwang antun. Hervorgegangen aus dem Schoß der Jungfrau, sendet er seine Strahlen in das ganze Universum, um für alle zu leuchten. 

Jene, die das in immerwährendem Glanz strahlende Licht in sich aufnehmen wollen, öffnen ihm, und keine Nacht wird den Glanz dieses Lichtes je unterbrechen. Die Sonne, die wir jeden Tag sehen, weicht der Dunkelheit der Nacht; doch die Sonne der Gerechtigkeit (vgl. Mal 3,20) kennt keinen Untergang, denn die ewige Weisheit wird vom Bösen nicht besiegt.

Hl. Ambrosius (um 340-397) 
Bischof von Mailand und Kirchenlehrer 
12. Predigt zum Psalm 118 ( 119) 

Donnerstag, 20. November 2025

Ist Künstliche Intelligenz Teil des „göttlichen Schöpfungsakts“? von Christian Schnaubelt

Die Frage des ethischen Umgangs mit Technologie und insbesondere Künstlicher Intelligenz war eines der zentralen Themen von Papst Leo XIV. in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit. In einer kürzlich veröffentlichten Botschaft hat der Pontifex eine positive theologische Vision von Technologie formuliert, der er eine Teilhabe am göttlichen Schöpfungsakt zuweist. Und was bedeutet dies jetzt für den Einsatz von KI in der pastoralen Arbeit vor Ort in den Pfarreien?

KI als „Werkzeug“ mit „außergewöhnlichem Potenzial“

Bereits in seiner Botschaft an die „Zweite Jahreskonferenz über Künstliche Intelligenz, Ethik und Unternehmensführung“ am 19. Juni 2025 in Rom hatte Papst Leo XIV. seine Position zur Künstlichen Intelligenz formuliert. Der Pontifex attestierte KI ein „außergewöhnliches Potenzial“ zum Wohl der Menschheit, betont aber zugleich die fundamentale Einordnung: „Künstliche Intelligenz ist ein außergewöhnliches Produkt menschlichen Genies, bleibt aber vor allem ein Werkzeug.“ Die Werkzeug-Metapher ist für Papst Leo zentral: Sie markiert die klare Grenze zwischen menschlicher Kreativität und maschineller Simulation und unterstreicht, dass die ethische Tragweite von KI von den Absichten ihrer Schöpfer:innen und Nutzer:innen abhängt.

Jetzt schrieb Papst Leo XIV. in seiner Botschaft zum „Builders AI Forum“ am 6. November 2025 in Rom: „Technologische Innovation kann eine Form der Teilhabe am göttlichen Schöpfungsakt sein. Sie trägt eine ethische und spirituelle Bedeutung, denn jede Design-Entscheidung drückt eine Vision von Menschlichkeit aus. Die Kirche ruft daher alle Entwickler von KI auf, moralisches Urteilsvermögen als grundlegenden Teil ihrer Arbeit zu kultivieren – um Systeme zu entwickeln, die Gerechtigkeit, Solidarität und echte Ehrfurcht vor dem Leben widerspiegeln.“

„Entwicklung von KI als ekklesiale Aufgabe“

In seiner Botschaft an die Forum-Teilnehmer formulierte der Papst weiterhin: „Die Frage ist nicht nur, was KI tun kann, sondern wer wir durch die Technologien werden, die wir entwickeln.“ Er forderte, „dass die Entwicklung von KI eine zutiefst ekklesiale Aufgabe“ sein müsse: „Ob man nun Algorithmen für katholische Bildung entwirft, Werkzeuge für mitfühlende Gesundheitsversorgung oder kreative Plattformen, die die christliche Geschichte mit Wahrheit und Schönheit erzählen – jeder Teilnehmer trägt zu einer gemeinsamen Mission bei: Technologie in den Dienst der Evangelisierung und der ganzheitlichen Entwicklung jeder Person zu stellen.“

KI im Pfarreialltag

Was bedeutet dies jetzt für den Einsatz von KI in der pastoralen Arbeit vor Ort in den Pfarreien? Carsten Leinhäuser, Priester aus Winnweiler im Bistum Speyer, schreibt in unserem Partnerportal explizit.net einige Use-Cases für den Einsatz von „KI im Pfarreialltag“ wie Pfarreiorganisation, Predigtschreiben und Analyse des Pfarrbriefes. Der Autor des Buches „Die Dinos dachten auch, sie hätten noch Zeit – Kirche muss sich endlich ändern“ möchte damit einen Dialog über Chancen und Herausforderungen von KI in der pastoralen Arbeit anregen:

„Wichtig bleibt: KI übernimmt keine Verantwortung. Sie kennt keine Gewissenserforschung, keine Unterscheidung der Geister. Sie ist ein Werkzeug. Theologisches Urteil, pastorale Klugheit und letztlich auch die Entscheidung vor Gott bleiben bei uns Menschen.“

KI ist weder Teufelswerk noch Heilsbringer, sondern Chancenbringer

Die jüngsten Aussagen von Papst Leo XIV. zum technologischen Fortschritt und zu Künstlicher Intelligenz markieren einen neuen Akzent gegenüber seinem Vorgänger Papst Franziskus:

Leo XIV. sieht in verantwortungsvoll entwickelter Technologie nicht nur eine Gefahr – wie Papst Franziskus –, sondern auch eine Chance zur Mitgestaltung der Schöpfung. Diese neue theologische Deutung öffnet einen Raum für verantwortungsvoll gestaltete KI-Entwicklung im Dienst der Evangelisierung. Der Pontifex betont, dass „künstliche Intelligenz entsteht, wie jede menschliche Erfindung, aus der kreativen Fähigkeit, die Gott uns anvertraut hat.“

Fazit: Künstliche Intelligenz ist weder Teufelswerk noch Heilsbringer, sondern ein Chancenbringer. Ob technologische Innovation dabei „göttliche Schöpfungskraft“ (Papst Leo XIV.) erreichen kann, ist eine spannende theologische Frage. Viel entscheidender aber dürfte wohl sein, wie wir Menschen neue Technologien – wie KI – als Werkzeug einsetzen.

Sei es zum Guten oder zum Bösen? Diese Frage stellt sich bei allen technologischen Entwicklungen, von Oppenheimers Atombombe bis zur Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, die von Alan Turing und John McCarthy inspiriert wurde.

Papst Leo XIV. signalisiert, dass die katholische Kirche die digitale Transformation als zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts ernst nimmt – und bereit ist, die katholische Soziallehre und die „Algor-Ethik“ als (kritisches, aber konstruktives) Korrektiv in die Debatten einzubringen.

Papst Leo schrieb: „Die Kirche kann und muss bei der ethischen Gestaltung der KI-Revolution eine führende Rolle spielen.“ Und aus diesem „Muss“ kann eine Chance erwachsen!

Lesetipp aus unserem Partnerportal explizit.net: https://explizit.net/medien/artikel/ki-im-pfarreialltag/

Christian Schnaubelt (Chefredakteur und Herausgeber von kath.de)


Christian Schnaubelt

Christian Schnaubelt (Jahrgang 1975) ist Dipl. Sozialwissenschaftler und Kommunikationswirt aus Bochum. Er hat sich als Journalist, Fotograf und Social Media Manager selbstständig gemacht. Seine Schwerpunktthemen sind Kirche, Medien, Internet, Social Media und digitalisierte Lebenswelten.


QUELLE: https://www.kath.de/kommentar/2025-11-18-ist-kuenstliche-intelligenz-teil-des-goettlichen-schoepfungsakts

Schatten im Kloster (2)

SCHATTEN IM KLOSTER
oder: Der Schatten vor meiner Tür

Wenn ich am späten Abend von meinem Bibliotheks-Büro zu meiner Cella gehe, komme ich - wenn das Licht stimmt - immer an diesem fantastischen Schatten direkt vor meiner Tür vorbei:

Einfach Beindruckend! - Das gibt es wohl nur im Kloster?

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Nach christlicher Auffassung stürzte Michael den Drachen (Satan) aus dem Himmel (Offenbarung des Johannes 12,7-9) und wurde nach dieser Tat zum Erzengel erhoben. In der katholischen Kirche wird er mit einem flammenden Schwert dargestellt. Er ist der einzige Engel, den die Bibel als Erzengel bezeichnet. Nach christlicher Auffassung ist seine Farbe rot in allen Schattierungen. Er erschafft Feuer und Wärme und gibt dem Blut seine Qualität. Nach katholischer Auffassung befindet er sich im Osten vor Gottes Thron.

(http://www.fotolog.com/spiritus_sanctus/14597395)

(Orignalpost vom 1.6.2006)
(Ergänzter Post vom 20.11.25)

Von ChurchPOP/CNA Deutsch

Vatikanstadt - Montag, 29. September 2025, 15:00 Uhr.

Das Leben des Christen ist ein Leben des geistlichen Kampfes. Der katholische Glaube lehrt, dass Menschen nicht die einzigen intelligenten Wesen sind, die Gott geschaffen hat. Gott schuf die Engel, und einige dieser Engel wurden rebellisch und fielen von Gott ab. Beide Seiten sind im Kampf um die menschliche Seele verwickelt.


Ein beliebtes Gebet, das sich diesem Kampf sehr deutlich widmet, ist das Gebet zum Erzengel Michael — der unter anderem auch Schutzpatron der Deutschen ist. Verfasst von Papst Leo XIII. im 19. Jahrhundert, ist es bis heute in seiner kurzen Fassung vielen Katholiken in aller Welt geläufig. Die längere Version findet in Exorzismen Verwendung.

Papst Franziskus rief am 27. Sept. 2020 erneut dazu auf, das Gebet zu verbreiten und die Verehrung des Erzengels zu fördern. In einer Botschaft, die am 27. Sept. veröffentlicht wurde, gratulierte der Papst den Mitgliedern der Kongregation des Erzengels Michael zum bevorstehenden hundertsten Jahrestag ihrer Billigung durch die kirchlichen Autoritäten.

Seit den 1930er Jahren haben Artikel in verschiedenen katholischen Publikationen solche Geschichten erzählt. Sie entstanden jedoch frühestens 45 Jahre nach der Verfassung des Gebets. Ein Artikel aus den 1950er Jahren gibt zwar den persönlichen Sekretär des Papstes als Quelle an, aber es ist unklar, ob dies zutrifft — es gibt keine zeitgenössischen Quellen aus den 1880er Jahren, die dies bestätigen würden.

Was das Gebet besonders interessant macht, ist seine Entstehungsgeschichte — deren historische Genauigkeit allerdings wissenschaftlich nicht belegt ist. Verschiedene Erzählungen und Legenden sind über die Jahre entstanden, die jedoch erst Jahrzehnte nach der Entstehung des Gebets aufkamen.

Einer Erzählung zufolge fand man Papst Leo XIII. eines Tages nach dem Feiern der Heiligen Messe regungslos vor sich hinstarrend vor. Einen Augenblick später war er plötzlich wieder präsent und sperrte sich schnell in seinem privaten Büro ein. Eine halbe Stunde später, als seine Mitarbeiter schon an die Tür klopften um zu fragen, ob alles in Ordnung sei, kam er heraus mit dem fertigen Gebet.

Was hatte der Papst gesehen, das ihn dazu bewegte, dieses Gebet zu verfassen? Einer Version zufolge hatte er eine Vision von dämonischen Kräften, die Rom umzingelten. Einer anderen zufolge hörte Leo XIII. ein Gespräch zwischen Gott und Satan, in dem Gott dem Teufel erlaubte, ein Jahrhundert zu wählen, in dem er sein Schlimmstes tun durfte. Welches Jahrhundert der Widersacher wählte? Das 20.

Viele moderne Historiker beschreiben diese Berichte gerne als Legenden, die sich im Lauf der Zeit entwickelten, nicht als historische Fakten. So oder so: Das Gebet selbst wurde zwischen 1884 und 1886 als Teil der sogenannten "Leoninischen Gebete" eingeführt, die nach jeder Messe gebetet wurden.

All das ändert nichts an der brisanten Relevanz und brennend aktuellen Lektion des Gebets: Der geistliche Kampf ist andauernd, und Katholiken sind aufgerufen, wachsam zu bleiben und weiter zu beten. Unabhängig von den umstrittenen Ursprungsgeschichten bleibt das Gebet ein kraftvoller Ausdruck des katholischen Glaubens an den Schutz der Engel.

Hier ist das Gebet an den heiligen Erzengel Michael:

Heiliger Erzengel Michael,

verteidige uns im Kampfe;

gegen die Bosheit und die Nachstellungen

des Teufels, sei unser Schutz.

'Gott gebiete ihm', so bitten wir flehentlich;

du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen,

stoße den Satan und die anderen bösen Geister,

die in der Welt umherschleichen,

um die Seelen zu verderben,

durch die Kraft Gottes in die Hölle.

Amen.


Samstag, 15. November 2025

Traditionis custodes – eine Wunde, die weiter eitert

Die Kirche lebt vom Gedächtnis. Und das Gedächtnis des Römischen Ritus ist älter und tiefer als jede moderne liturgische Mode. Um so schmerzhafter, daß Papst Franziskus 2021, als sein Vorgänger Benedikt XVI. zu schwach geworden war, ernst machte und seiner tief verwurzelten Abneigung gegen die Tradition freien Lauf ließ – und sich auch an Benedikt XVI. rächte, nachdem dieser Anfang 2020 zugunsten des Weihesakraments und des priesterlichen Zölibats interveniert hatte. Da der deutsche Papst noch lebte, wollte Franziskus ihn mit Traditionis custodes auch ad personam offenkundig demütigen. Das Motu proprio kann nicht anders als ein Versuch verstanden werden, den überlieferten Ritus auf ein Minimum zu reduzieren und jederzeit ganz abwürgen zu können. Mit Traditionis custodes wird die gewachsene liturgische Tradition, ohnehin seit 1969 in den Keller verbannt, wie ein Ast behandelt, der dem Ganzen schade, und daher eigentlich abgeschnitten gehöre. 

Kardinal Arthur Roche, selbst Engländer, – damals wie heute einer der eifrigsten Betreiber dieser Restriktionen – zeigte sich seither unbeirrbar darin, den Zugang zur überlieferten Messe enger und enger zu führen. Sein Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung wurde zum künstlichen Nadelöhr, durch das jeder Priester kriechen muß, um das zu feiern, was Jahrhunderte lang die Seele der Kirche prägte. 

Befristete Dispensen – ein System, das Mißtrauen atmet 

Nun bestätigte Msgr. Enda Murphy vom Gottesdienstdikasterium, daß die angekündigten zwei Jahre der Verlängerung nichts Neues sind, sondern nur die Fortführung des bestehenden Praxislabyrinths. Die Kirchenleitung unter Franziskus beseitigte weitgehend jenes Vordringen des überlieferten Ritus in den Bereich des Novus Ordo hinein. Franziskus und seine Adlaten verbannten ihn, soweit möglich, zurück in den engen Ecclesia-Dei-Keller. Man versuchte ihn nicht direkt zu töten, doch die Intention ist klar. Mehr als ein restriktiv kontrollierter Minimalspielraum sollte ihm nicht bleiben. Jeder Bischof muß weiterhin einzeln um die Erlaubnis bitten, der alten Messe ein Dach zu geben – und möglichst kein Pfarrdach, sondern nur das einer Kapelle. Denn Traditionis custodes untersagt ausdrücklich die Feier in Pfarrkirchen, als sei die ehrwürdige Liturgie dort eine Gefahr. 

Überhaupt läßt Traditionis custodes kaum etwas zu. Mit diesem Dokument hat Franziskus den rechtlichen Rahmen geschaffen, die liturgische Überlieferung jederzeit mit einem einzigen Würgegriff zum Erliegen zu bringen. Streng genommen gestattet Traditionis custodes nicht einmal mehr die Spendung von Weihen im überlieferten Ritus. 

Wer nur mehr mit Sondergenehmigungen existieren kann, befindet sich im Prekariat und völliger Abhängigkeit. Einige US-Diözesen – wie Cleveland oder San Angelo – erhielten zwar kürzlich solche Sondergenehmigungen. Doch was sagt es über den Zustand einer Weltkirche aus, wenn das Selbstverständlichste – die Fortführung eines Ritus, dem keiner je Häresie oder pastorale Unfruchtbarkeit nachsagen konnte, der vielmehr der gewachsene Ausdruck von 1900 Jahren des kirchlichen Lebens ist und der das Leben aller Heiligen bis 1970 prägte – zum Sonderfall degradiert wird? 

Doch Franziskus wurde im vergangenen April aus dieser Welt abberufen; sein Pontifikat ist beendet. Der neue Papst Leo XIV. zeigte in den ersten Monaten seines Amtes durchaus Zeichen einer gewissen Offenheit, etwa durch die persönliche Erlaubnis für Kardinal Raymond Burke, im Petersdom die überlieferte Messe zu zelebrieren. Doch Gesten ersetzen keine Grundsatzentscheidungen. Eine wahrhaft klare und mutige Entscheidung bestünde darin, die unglückseligen Fesseln von Traditionis custodes endlich abzustreifen. 

Daß Leo XIV. just am Donnerstag Kardinal Roche in Audienz empfing, läßt zumindest die Frage zu, ob der neue Papst sich von seinem Vorgänger befreien und nicht an dessen repressive Linie binden lassen wird.

Der Moment der Entscheidung 

 Bald beginnt ein neues Kirchenjahr. Seit dem Konklave ist mehr als ein halbes Jahr vergangen. Es macht sich Unruhe breit, denn die Zeit scheint mehr als gekommen, daß der neue Pontifex seine moralische Autorität nicht nur in freundlichen Anekdoten, sondern in kirchenrechtlichen Entscheidungen geltend macht. Die Kirche ist von unermeßlicher Größe. Es zeugt von einem sehr kleinen Geist, der Franziskus antrieb, die eigene Tradition bis zum Siechtum abzuwürgen, um sie dann mit Ausnahmegenehmigungen gerade noch am Leben zu belassen. 

Leo XIV. hat die Chance – und die Pflicht –, die Wunde zu schließen, die Traditionis custodes der kirchlichen Einheit geschlagen hat. Nicht durch eine neue „Sonderregelung“, sondern durch die klare Wiederherstellung der vollen Freiheit des überlieferten Ritus, die Benedikt XVI. so sehr am Herzen lag.

Solange er sie nicht nutzt, bleibt der Nebel über der Liturgie dichter, als es die Gläubigen verdienen – und in der Sache rechtfertigbar ist. Der überlieferte Ritus konnte unter Benedikt XVI. kurzzeitig wieder frei atmen. Die Zeit war zu kurz, um wirklich durchatmen und sich freiatmen zu können. 

Es bleibt ein großes Paradox, daß es Benedikt XVI. selbst war, der die neue Repression durch seinen Amtsverzicht „aus freien Stücken“ möglich machte. 

Text: Giuseppe Nardi

(Quelle: https://katholisches.info/2025/11/15/leo-xiv-wird-traditionis-custodes-nicht-aendern/)

P.S. Ich selbst habe bereits 2008 in einem Post 
meine persönliche Meinung zur "Alten Messe" geäußert
Sie finden den Beitrag hier


Freitag, 14. November 2025

Buchtipp: Neue Irre! - Wir behandeln die Falschen, unser Problem sind die Normalen: Eine heitere Seelenkunde. Erweitert und auf dem neuesten Stand der Forschung von Manfred Lütz

Kim Jong Un in Nordkorea, Jair Bolsonaro in Brasilien, bis vor Kurzem auch Donald Trump in den USA - weltweit scheint der Irrsinn zuzunehmen. Kann man etwas dagegen tun, und sind die überhaupt wirklich verrückt? Was vor zehn Jahren noch eher Promis aus der zweiten Reihe betraf, hat es jetzt in die Chefsessel dieser Welt geschafft. Da war eine komplette Aktualisierung unvermeidlich. Der Irrsinn hat die Macht übernommen. Was sagt ein Psychiater dazu? 

Aber auch Psychiatrie und Psychotherapie haben weitere Fortschritte gemacht. So bringt »Neue Irre!« den aktuellen Stand der Wissenschaft: Alle Psycho-Diagnosen, alle Psycho-Therapien und das in bewährt kurzweiliger und allgemein verständlicher Form. Was ist Depression wirklich, was sind Angststörungen, was ist Schizophrenie, was tut man gegen Sucht, vor allem gegen die neuen Süchte, und schließlich: Ist Burnout out? Der renommierte Psychiater und Bestseller-Autor Manfred Lütz bringt Licht ins Dunkel des allgemeinen Wahnsinns.

Mehr als ein Medienhype : Erleben wir doch eine Rückkehr der Religion?

Ausgerechnet Zahlen einer Forschungsgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung zeigen, dass die katholische Kirche bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ihre zuverlässigste Basis hat. Was ist da los? 

Von Simon Kajan 

Erleben wir eine leise Rückkehr der Religion? "Sie kommen durch die Fenster, nicht durch die Türe". Mit diesem Bild brachte der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz Kardinal Jean-Marc Aveline vor Kurzem sein Erstaunen auf den Punkt, dass sich in seinem Land immer mehr Jugendliche und junge Menschen dem Glauben zuwenden. Von der Kirche unerwartet. 

 Dabei hatte sich die katholische Kirche in Frankreich mit ihrem Verschwinden in weiten Teilen des Landes offenbar abgefunden. Trotz einiger Aufbrüche und lebendiger Klöster und mancher Bewegungen – die Resignation lag wie Mehltau auf den kirchlichen Strukturen. 

Organisierte Hoffnungslosigkeit 

Noch mehr scheint sich die katholische Kirche in Deutschland mit ihrem perspektivischen Verschwinden abgefunden zu haben – "runterskaliert" über die nächsten Dekaden. Nulllinie anvisiert – angefangen bei Gottesdienstbesuchern über Berufungen bis hin zur Kirchensteuer. Und: Faktoren möglicher oder vielleicht sogar wahrscheinlicher Stabilisierung – sie spielen weitgehend keine Rolle. Organisierte Hoffnungslosigkeit scheint das vorherrschende Programm pastoraler Planung. 

Unterdessen finden sich in neueren demoskopischen Untersuchungen erstaunliche Zahlen über die Religiosität der Menschen in Deutschland – und die Rückkehr der Frage nach Gott. Die "Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland" (Fowid) hat eine Reihe von Befragungsergebnissen veröffentlicht, die aufhorchen lassen. Fowid wurde 2005 von der atheistischen und kirchenkritischen Giordano-Bruno-Stiftung gegründet. 

Zuletzt ließ man Meinungsforscher untersuchen, wie es um die Sicht auf das Verhältnis von Staat, Gesellschaft und Weltanschauung bestellt ist. Prima facie bestätigen die Zahlen, dass die Säkularisierung in Deutschland weit fortgeschritten ist: Der Aussage etwa, "Entscheidungen, bei denen es um Wertvorstellungen und Moral geht, sollten sich auf Vernunft und Mitgefühl stützen, nicht auf göttliche Gebote" stimmten 47 Prozent "voll und ganz" und 29 Prozent "eher" zu. 

Ebenfalls sehr deutlich ist das Ergebnis bei der Frage nach dem, was die Studienautoren ein "naturalistisches Weltbild" nennen: "Ich meine, dass die Welt nach naturwissenschaftlichen Gesetzen funktioniert. Übernatürliche Kräfte wie etwa Götter oder Teufel haben auf unsere Welt keinen Einfluss". Insgesamt 64 Prozent der Befragten stimmten dieser Aussage "voll und ganz" oder "eher" zu.

Jugend mit Gott 

Schaut man sich jedoch an, wie die Ergebnisse in unterschiedlichen Alterskohorten ausfallen, reibt man sich erstaunt die Augen. Während die Gruppe der über 60 Jahre alten Befragten die Vorstellung eines religiös vermittelten Sittengesetzes zu 81 Prozent ablehnten, fiel die Ablehnung in der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen mit 64 Prozent deutlich geringer aus. Das gleiche Bild zeigt sich bei der Frage nach "übernatürlichen Kräften". Während bei den über 60-Jährigen 73 Prozent der Aussage, übernatürliche Kräfte hätten keinen Einfluss auf die Welt, "voll und ganz" oder "eher" zustimmten, waren es bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen insgesamt nur 59 Prozent...

Donnerstag, 13. November 2025

Impuls: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch“

Ausblick von St. Ottilien auf die Alpenkette bei Föhn
(Foto: Br. Wunibald Wörle OSB) 

Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas - Lk 17,20-25. 


In jener Zeit, als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. 

Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es! oder: Dort ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch. Er sagte zu den Jüngern: Es werden Tage kommen, in denen ihr euch danach sehnt, auch nur einen von den Tagen des Menschensohnes zu sehen; doch ihr werdet ihn nicht sehen. 

Und man wird zu euch sagen: Siehe, dort ist er! Siehe, hier ist er! Geht nicht hin und lauft nicht hinterher! Denn wie der Blitz von einem Ende des Himmels bis zum andern leuchtet, so wird der Menschensohn an seinem Tag erscheinen. 

Vorher aber muss er vieles erleiden und von dieser Generation verworfen werden. 

(Donnerstag der 32. Woche im Jahreskreis) 

Kommentar:

Die Dämonen fürchten den Mann, der Tag und Nacht mit glühendem Herzen Gott sucht und die Angriffe des Feindes weit zurückweist. Gott und seine Engel aber sehnen sich nach einem solchen Menschen. Er ist reinen Herzens und trägt seine geistliche Heimat in sich selbst: Die Sonne, die ihm scheint, ist das Licht der heiligsten Dreieinheit; die Luft, die seine Gedanken atmen, ist der Tröster, der Heilige Geist. Und die heiligen Engel nehmen Wohnung bei ihm. Christus, das Licht vom Licht des Vaters, ist ihr Leben, ihre Freude, ihr Jubel. Ein solcher Mensch erfreut sich jederzeit an der Betrachtung seiner Seele und staunt über die Schönheit, die er darin wahrnimmt, und die hundertmal leuchtender ist als der Glanz der Sonne.

Das ist Jerusalem. Und es ist „das Reich Gottes, das in uns verborgen ist”, wie der Herr sagt. Dieses Land ist die Wolke der Herrlichkeit Gottes, zu der nur jene, die reinen Herzens sind, Zutritt haben, um das Antlitz ihres Herrn zu schauen (vgl. Mt 5,8). Ihr Verstand wird erleuchtet von den Strahlen seines Lichts.

Isaak der Syrer (7. Jh.) Mönch in Ninive bei Mossul im heutigen Irak, Heiliger der orthodoxen Kirchen Asketische Reden, 1. Reihe (ins Dt. übers. © evangelizo)

Samstag, 1. November 2025

NIEMAND KANN IM ALLEINGANG DEN HIMMEL ERSTÜRMEN


Liebe Mitbrüder, liebe Mitfeiernde!

Allerheiligen: Ein willkommener Feiertag. - Und ein so richtig „katholisches" Fest: In der Kirche wird heute mit Weihrauch nicht gespart, - so war das auf jeden Fall in meiner Heimatgemeinde. Die Liturgie war noch feierlicher und der Kirchenchor hat natürlich auch gesungen. - Am späten Nachmittag, nach dem Kaffeetrinken mit der Verwandtschaft, stand dann mit meinen Eltern der Friedhofsgang an. Als Kind habe ich mich immer schon darauf gefreut: Mein Bruder und ich durften dann immer die Lichter anzünden und auf die Gräber stellen. Die Eltern hatten derweil das letzte Laub entfernt. - Irgendwie kennen wir das alle, da kommen alte Erinnerungen auf: Da wird man irgendwie „nostalgisch".

Aber: Ist das alles, was wir zu Allerheiligen zu sagen haben? - Ich bin überzeugt, dass dieses Fest nicht nur Schnee von gestern ist, sondern auch heute noch eine große Bedeutung hat. Zwei Gedankengänge möchte ich dazu ausführen; der erste will zeigen, wie aktuell dieses Fest ist. - Der andere, warum Allerheiligen mir sympathisch ist.

Zum ersten Gedankengang: Gerade heute ist Allerheiligen für mich von großer zeichenhafter Bedeutung! Wir leben in einer Zeit in der Egoismus immer mehr alle Lebensbereiche erfasst. Da versucht so jeder, möglichst der Schmied seines eigenen Glückes zu sein. - „Unabhängig" möchte man heute sein. Familie, Ehe, Kranke und Alte bleiben da oft auf der Strecke.

Viele Menschen haben sich abgenabelt von der Kirche und vom Glauben. Und da gibt es dann natürlich auch keine großartige Perspektive für die Zukunft mehr. Da wird dieses Leben dann zur „letzte Gelegenheit". Da versuchen viele das Leben wie eine Zitrone auszupressen, um möglichst viel an Genuss und Gewinn herauszubekommen. Der Pastoraltheologe Paul M. Zulehner hat hierfür ganz passende Worte gefunden: „Früher lebten die Menschen 30 Jahre - und dann eine Ewigkeit. - Heute leben die Menschen 90 Jahre und dann, dann ist alles vorbei". Und um alles für sich herauszuholen, ist fast jedes Hilfsmittel recht: sei es nun irgendeine Schamanenweisheit oder eine Meditationsmethode aus dem Fernen Osten. - Elia kannte 450 falsche Propheten, - heute sind es wahrscheinlich mehr! -

In der Erlebnisgesellschaft gibt es immer exotischeren Angebote: Extremsport oder Erlebnisurlaub sind angesagt. Die einen suchen den „persönlichen Kick" in der Erleuchtung. - Andere gehen bis an ihr Limit, um Risiko und Spaß (risk and fun) miteinander zu verbinden. Auf jeden Fall läuft so ein Egotrip fast immer auf eines hinaus: - Es ist der Versuch, für sich allein den „Himmel auf Erden" zu erstürmen.

Liebe Schwestern und Brüder!
Allerheiligen drückt dagegen etwas ganz anderes aus: Niemand kommt allein in den Himmel! Glück und Seligkeit sind ohne den Nächsten nicht zu haben. Und auch der Aufruf „Rette deine Seele" darf also nicht egoistisch-falsch verstanden werden. Der Weg zum Himmel führt nur über meine Mitmenschen. Und Allerheiligen ist für mich ein Zeichen dafür: Wir sind gemeinsam - als Volk Gottes - unterwegs. - Nur gemeinsam können wir unser Ziel, das ewige Leben, zu erreichen. - Wie gesagt: Den Himmel kann man nicht im Alleingang erstürmen!

Ein zweiter Gedankengang: Warum ist mir Allerheiligen sympathisch?
Es gibt sicherlich viele große Heilige in der Kirche. Und deren Leben und Werk hat sich über die Jahrhunderte hinweg als ein vorbildlicher Weg bewährt. So wie es im weltlichen Leben hilfreich sein kann, einen heißen Draht zu einem Minister zu haben, so möchte man seine eigenen Anliegen durch einen ganz bestimmten himmlischen Fürsprecher absichern.

Da lobe ich mir an Allerheiligen alle „unbekannten" Heiligen, die keine Einzelinteressen vertreten. Es sind die in der Lesung erwähnten 144.000, also eine unzählbare Schar. Es sind die Heiligen, die wir in keinen Heiligenkalender finden. Es sind die Heiligen, denen das Himmelreich gehört, weil sie „arm vor Gott waren" - oder weil sie „ein reines Herz" hatten. Es sind die „Trauernden" und „die Barmherzigen". - Wir haben es gerade im Evangelium gehört. - Sie alle sind in Gottes Ewigkeit eingegangen. - Und nun begleiten sie vom Himmel her unseren alltäglichen Weg.

Liebe Brüder und Schwestern!
Aber vor allem ist mir Allerheiligen sympathisch, weil zu diesen Heiligen auch jene gehören, die wir noch persönlich kennen lernen durften, die uns jedoch schon in die Ewigkeit voraus gegangen sind. All jene, die einen besonderen Platz in unseren Herzen haben. Dazu gehören unsere lieben Verwandten, viele Freunde und gute Bekannte, mit denen wir gemeinsame ein Stück unseres Lebensweges gehen durften. So haben wir alle auch unsere eigenen Heiligen, auch wenn sie wahrscheinlich wohl nie zur „Ehre der Altäre" erhoben werden, an die wir heute besonders denken dürfen. Ihre Seligkeit kann auch unserem Leben Richtung und Halt geben. -

Und an Allerheiligen feiern wir genau diese "Solidarität zwischen Himmel und Erde": Die Heiligen, darunter auch unsere lieben Verstorbenen, treten fürbittend für uns ein. - Dankbar feiern wir das heute. - Und wir beten zugleich für unsere lieben Verstorbenen, - das feiern wir morgen an Allerseelen. Die Grenzen zwischen Himmel und Erde sind fließend geworden, seit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus!

Mit einer- mehr oder weniger- bekannten Kurzgeschichte aus dem Roman „Die Brüder Karamasoff" von Dostojewski möchte ich meine Gedanken zum heutigen Fest abschließen. - Sie finden den 1300-Seiten Roman in jeder guten Bibliothek, - (die Mitbrüder auf dem ehemaligen Kornspeicher unter „Neue Sprachen".) Ganz bildhaft und klar bringt diese tiefsinnige Geschichte zum Ausdruck, was Allerheiligen uns sagen möchte: Niemand kann alleine den Himmel erstürmen! - Und es gibt eine Solidarität zwischen dem Himmel und der Erde!

Also: "Es lebte einmal ein altes Weib, das war sehr, sehr böse und starb. Die Alte hatte in ihrem Leben keine einzige gute Tat vollbracht. Da kamen dann die Teufel, ergriffen sie und warfen sie in den Feuersee. Ihr Schutzengel aber stand da und dachte: Kann ich mich denn keiner einzigen guten Tat von ihr erinnern, um sie Gott mitzuteilen? Da fiel ihm etwas ein: Sie hat einmal aus ihrem Gemüsegarten ein Zwiebelchen herausgerissen und es einer Bettlerin gegeben. Und Gott antwortete ihm: Nimm dieses Zwiebelchen und halte es ihr hin in den See, so dass sie es ergreifen und sich herausziehen kann. Und wenn du sie aus dem See herausziehen kannst, so möge sie ins Paradies eingehen. Wenn aber das Zwiebelchen reißt, so soll sie bleiben, wo sie ist. Der Engel lief zum Weibe und hielt ihr das Zwiebelchen hin. „Nun", sagte er zu ihr, „faß an; wir wollen sehen, ob ich dich herausziehen kann." Und er begann vorsichtig zu ziehen - und zog sie beinahe schon ganz heraus. Als aber die anderen Sünder bemerkten, dass sie herausgezogen wurde, klammerten sie sich alle an sie, damit man auch sie - mit ihr zusammen - herauszöge. Aber das Weib war böse, sehr böse und stieß mit ihren Füßen zurück und schrie: „Nur mich allein soll man herausziehen und nicht euch; es ist mein Zwiebelchen und nicht eures." - Wie sie aber das ausgesprochen hatte, riss das kleine Pflänzchen entzwei. Und das Weib fiel in den Feuersee zurück und brennt dort noch bis auf den heutigen Tag. Der Engel aber weinte und ging davon." [Dostojewski, Die Brüder Karamasoff, III 7 3].

Amen.

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Predigt zum Hochfest Allerheiligen am 1. XI. 2003 (Konventamt, St. Ottilien)
L 1: Offb 7,2-4.9-14; L 2: 1 Joh 1-3; Ev: Mt 5,1-12a

ÜBER KOMMENTARE (SIEHE UNTEN) ZUR PREDIGT 
WÜRDE ICH MICH SEHR FREUEN!

Freitag, 24. Oktober 2025

Buchtipp des Tages: Gottes Weber : das Leben des heiligen Antonio Maria Claret


Porath, Silke:
Gottes Weber : das Leben des heiligen Antonio Maria Claret ; Roman / Silke Porath. - Waldsolms: Gipfelbuch-Verl., 2006. - 425 S.
ISBN 3-937591-21-4

Passend zum 200. Geburtstag Clarets (1807-1870) schrieb die junge deutsche Journalisten Silke Porath (Jahrgang 1971) ihren ersten biografischen Roman „Gottes Weber“. Ein in unserer Zeit recht ungewöhnliches Unternehmen, da Heiligenbiografien in Romanform heute nicht mehr zeitgemäß zu sein scheinen: Es ist ein Wiederbelebungsversuch des Historienromans. Man fühlt sich etwas an die bekannten hagiografischen Romane wie beispielsweise „Der Pfarrer von Ars“ oder „Der Bettler von Granada“ von Wilhelm Hünermann erinnert, der es in den 50er und 60er Jahren bestens verstand, fesselnde „Lebensbilder“ großer Persönlichkeiten zu zeichnen.

Und auch in „Gottes Weber“ stehen somit nicht in erster Linie Zahlen, Daten und Fakten im Vordergrund, diese werden als Anhang in tabellarischer Form am Endes des Buches korrekt nachgeliefert, sondern die „Lebensgeschichte“ Clarets. So schreibt die Autorin: „Mein Anliegen war es, den Menschen Claret zu zeigen. Um dies möglich zu machen, habe ich zum Mittel der Fiktion gegriffen. So stimmen Zeitenfolge und die Begegnungen mit Menschen, die mir als Vorlage für die literarischen Figuren dienten, nicht immer mit der Realität überein. Einige Personen in meinem Buch haben wirklich gelebt. Manche sind meiner Phantasie entsprungen ... Dieses Buch ist der Versuch, eine Vision und einen Visionär zu zeigen, der bis heute Vorbild sein kann.“

Die Autorin erzählt die Geschichte des hl. Antonio Maria Claret, eines jungen spanischen Webers zur Zeit Napoleons, der gegen den Widerstand seines Vaters den Familienbetrieb in Sallent verlässt und die berufliche Ausbildung aufgibt um Priester und Ordensmann zu werden.

Auf „Ratschlag“ der Gottesmutter Maria, die ihm seit seiner Kindheit bis zu seinem Tode immer wieder regelmäßig erscheint, gibt er aber seinen Wunsch Kartäuser zu werden schließlich auf und möchte von den Menschen von nun an als Wanderprediger helfen: "Mehr Menschen erreichen, alle erreichen, die Armen überall, ihnen beistehen“, das ist sein sehnlichster Wunsch. Und das schreibt er 1839 nieder und sendet sein Gesuch schließlich an den Bischof. Sein Gesuch wird erhört. Claret wird zu einem begnadeten Volksmissionar in seiner Heimat Katalonien. Von dort aus beginnt er seine entbehrungsreiche Reise durch das zerrissene Land, später durch halb Europa.

1847 gründet er mit fünf Brüdern die „Kongregation vom Hl. Unbefleckten Herzen Mariens“ und 1849 die „Bruderschaft von der christlichen Lehre“ (Claretiner). Kurze Zeit darauf wird er zum Bischof von Kuba ernannt und muss seinen Konvent verlassen. Gleich nach seiner Ankunft begreift er, dass eine Erneuerung des christlichen Lebens unbedingt notwendig ist. Er organisiert eine Reihe Missionskampagnen, an denen er sich selbst beteiligt, um das Wort Gottes in alle Ortschaften zu tragen. Nach einem Attentat ist er lange Zeit mit schweren Verletzungen ans Bett gefesselt. Seine Genesung geschieht aber wundersamerweise mit Hilfe der Jungfrau Maria binnen einer einzigen Nacht. Obwohl Claret in seiner asketischen, nach innen gerichteten Lebenswelt nie nach Einfluss, Rang und Stellung strebt, führt sein Weg weiter nach oben. 1857 wird Antonio Claret an das spanische Königshaus als persönlicher Beichtvater der jungen Regentin Isabella II. gerufen, dessen Kinder er in der Theologie erzieht und auch für Isabella selbst bald zu einer Vaterfigur wird. Die Dienste am Hof füllen weder die Zeit noch den apostolischen Geist Clarets aus. Darum weitet er seine Aktivität auf die Stadt aus. Er predigt und hört Beichte, schreibt Bücher, besucht Gefängnisse und Krankenhäuser.

Infolge der Septemberrevolution von 1868 geht er mit der Königin ins Exil. Zur Feier des goldenen Priesterjubiläums von Papst Pius IX begibt er sich nach Rom und nimmt an der Vorbereitung des Ersten Vatikanischen Konzils teil. Nach dem Ende der Sitzungen ist Claret gesundheitlich so stark angeschlagen, dass er sich in die Gemeinschaft, die seine Missionare in Prades (Südfrankreich) hatten, zurückzieht. Selbst dort erreichen ihn seine Verfolger, die ihn gefangennehmen und nach Spanien bringen wollen, um ihn dort vor Gericht zu stellen und abzuurteilen. Claret muss wie ein Straftäter fliehen und sucht im Zisterzienserkloster Fontfroide Zuflucht, wo er, umgeben von der Zuneigung der Mönche und einiger seiner Missionare am 24. Oktober 1870 im Alter von 63 Jahren stirbt. - Am 25. Februar 1934 wurde er von Papst Pius XI. seliggesprochen. Pius XII. sprach ihn am 7. Mai 1950 heilig.

Silke Porath gelingt es, die „Lebensgeschichte“ Clarets mit einer flüssigen, intensiven und sehr bilderreichen Sprache umzusetzen und zu einem angenehm zu lesenden Gesamtwerk zusammenzufügen. – Allerdings ist ihr Sprachstil aber vielleicht manchmal doch etwas „zu bilderreich“, was besonders bei den Visionen, beispielsweise bei der Marienerscheinung nach dem Attentat an Clarets Krankenbett auffällt:

»Ich schlafe nicht«, will Claret sagen, doch der dicke Verband legt sich kühl auf sein Gesicht. »Ich fürchte mich«, denkt er und sieht hinter seinen geschlossenen Augen das lächelnde Gesicht seiner Schwester. Langsam schwebt die Mädchengestalt höher und höher, erhebt sich in die Luft. Nebel umgibt die Gestalt, Rosa verblasst, ihre warme Stimme wird leiser, verstummt und aus dem Nebel formt sich das lächelnde Antlitz der Heiligen Jungfrau.
»Fürchte dich nicht, Antonio Claret«, lächelt Maria den Kranken an. »Fühlst du denn nicht mehr das Feuer der Gnade, das Glück, dass dein Blut im Namen meines Sohnes vergossen wird?«
Die Erscheinung hebt die Hand, als wolle sie den schlafenden Claret streicheln. Heiß und wohlig durch­strömt eine Welle aus Liebe und Glück den Körper des Erzbischofs, wärmt seinen Magen, sein Herz und legt sich wie ein Schleier auf die pochende klaffende Wunde in seinem Gesicht. Sanft scheint die Heilige Jungfrau ihre Hand auf die Wange des Priesters zu legen. Wie tausend Stiche fährt die Berührung Claret ins Gesicht, er kann sich selbst sehen, wie er wund und schwach im Bett liegt, er sieht den weißen Kieferknochen, der durch das Fleisch seiner Wange schimmert, den Riss, der quer über sein Gesicht geht.
»Vertraue mir«, flüstert die Jungfrau. Dann wabert der Nebel hoch, sanft streicht die Erscheinung über den aufgeschnittenen rechten Arm des Bischofs, seine Hand zuckt, will nach der Gestalt greifen. Doch der Nebel wird dichter und es bleibt nur noch ein Gedanke für Antonio Claret — der Glaube an die Hilfe und Gnade der himmlischen Mutter. (S. 300)

Solche Textpassagen bleiben natürlich „Geschmackssache“. - Aber vielleicht fehlt es dem Rezensenten hier aber auch einfach etwas an Fantasie (und Erfahrung), weil er zu „verkopft“ denkt? - Biographische Romane sind für jeden Autoren eine schwierige Übung, gilt es doch möglichst genau bei den historischen Fakten zu bleiben und trotzdem noch Spannung zu erzeugen. Wenn dann die handelnden Personen dann auch noch fest im Glauben verwurzelt sind und dazu auch noch Visionen haben, erhöhen sich diese Probleme nochmals zusätzlich.

Letztendlich hat Silke Porath diese Probleme aber sehr gut zu bewältigen gewusst. „Gottes Weber“ bringt uns den hl. Antonio Claret als einen Menschen und eine faszinierende Persönlichkeit nahe, der seinem Glauben und seiner Berufung - trotz der vielfältigen Versuchungen und versuchten Einflussnahmen - treu bleibt und darin die Erfüllung seines Lebens findet. Darüber hinaus erfährt man, dank hervorragender Hintergrundrecherchen, viel über die Zeit und die Lebensumstände der Menschen im Umkreis des Heiligen: Ein sehr detailreicher, spannender und beeindruckender Historienroman, den man auch den jungen Menschen nicht vorenthalten sollte, die es heute noch wagen, einen Roman mit über 400 Seiten in die Hand zu nehmen.

P. Siegfried Wewers OSB

(Rezension für die ORDENSKORRESPONDENZ)