Freitag, 8. Mai 2009

Leben und Leben lassen - auch die Raucher!

Gerade fällt mir beim Aufräumen meines Schreibtischs ein interessanter Artikel von Abtprimas Notker Wolf zum Thema "Rauchen" in die Hände. -
Danke Abtprimas Notker, für diese wahrhaft weisen Worte!


Die Italiener sind alles andere als vollkommen, das wissen sie auch. Aber sie überraschen uns Deutsche immer wieder durch ihre praktische Menschlichkeit. So hielten sie sich zum Beispiel vom ersten Tag an, an das Rauchverbot in Bars und Restaurants. Niemand hätte damit gerechnet - wo die Italiener doch dafür bekannt sind, Lücken im Gesetz zu entdecken, noch bevor es in Kraft getreten ist. Als Erklärung bekam ich oft zu hören: Rauch könnte andere stören, und wir wollen niemanden belästigen. Nicht die Sorge um die Gesundheit gab also den Ausschlag, sondern die Rücksichtnahme auf andere.

Seither findet man abends vor jeder Trattoria, vor jeder Bar eine Gruppe von Rauchern. Und siehe da - keiner beschimpft sie. Keiner wirft ihnen böse Blicke zu. Nicht nur die Raucher sind in Italien tolerant, auch die Nichtraucher sind es! Jeder macht einfach für sich das Beste aus der neuen Situation. Für die Raucher heißt das: Man nutzt die Zeit vor der Tür zu einem Schwätzchen. Man kommt ins Gespräch, aber nicht, um sich über Familie und Politik, über Schule und Arbeit zu unterhalten. So lernen sich wildfremde Leute kennen. Ich finde das schön. Leben und leben lassen - diese Formel für gelassene Menschlichkeit ist den Italienern in Fleisch und Blut übergegangen.

Bei uns sieht es leider anders aus. Da lernen Raucher neuerdings den moralischen Eifer ihrer nichtrauchenden Mitmenschen kennen. Da wird geschimpft, wenn einer auch nur die Zigarettenschachtel zückt. Da kennen die Kämpf er für eine bessere, rauchfreie Welt keine Gnade, kein Pardon. Bei uns gilt: Wer für die Gesundheit eintritt, der hat auf jeden Fall recht. Und wer recht hat, braucht keine Rücksicht mehr zu nehmen. Deshalb regiert hierzulande der erhobene Zeigefinger, die gerunzelte Stirn, der strafende Blick. Ich befürchte: Es fehlt nicht mehr viel, und Raucher werden zu Schädlingen erklärt. Das ist intolerant, und es ist unchristlich. Jesus warnt davor, andere moralisch zu verurteilen, wenn er sagt: „Richtet nicht, aufdass ihr nicht gerichtet werdet" (Matthäus 7, 1). - Für mich ist das die Sprache der Menschlichkeit.

Gott segne Sie!
+ Notker Wolf+++++++++++++++++++++++

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