Sonntag, 26. Oktober 2025

IMPULS ZUM WELTMISSIONSSONNTAG 2025 - Mein Geschenk zum Weltmissionssonntag

„Damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft“ Das Wort Gottes scheucht den Faulen auf und weckt den Schläfer. Wer an die Tür klopft, möchte doch immer auch eintreten. Es liegt an uns, wenn er nicht immer hereinkommt oder nicht immer bei uns bleibt. Halte deine Tür also offen für den, der da kommt! Öffne deine Seele, erweitere die Fassungskraft deines Geistes, um den Reichtum der Einfachheit, die Schätze des Friedens und die Süße der Gnade zu erkunden! Mach weit dein Herz, lauf der Sonne des ewigen Lichts entgegen, das „jeden Menschen erleuchtet“ (Joh 1,9)! 

Dieses wahre Licht leuchtet gewiss für alle. Verschließt jedoch einer seine Fenster, so bringt er sich selbst um das ewige Licht. Selbst Christus bleibt draußen, wenn du die Tür deiner Seele verschließt. Er könnte zwar eintreten, aber er will sich nicht mit Gewalt Zugang verschaffen; er möchte denen, die ihn ablehnen, keinen Zwang antun. Hervorgegangen aus dem Schoß der Jungfrau, sendet er seine Strahlen in das ganze Universum, um für alle zu leuchten. 

Jene, die das in immerwährendem Glanz strahlende Licht in sich aufnehmen wollen, öffnen ihm, und keine Nacht wird den Glanz dieses Lichtes je unterbrechen. Die Sonne, die wir jeden Tag sehen, weicht der Dunkelheit der Nacht; doch die Sonne der Gerechtigkeit (vgl. Mal 3,20) kennt keinen Untergang, denn die ewige Weisheit wird vom Bösen nicht besiegt. 


 ES IST VOLLBRACHT!

Freitag, 24. Oktober 2025

Buchtipp des Tages: Gottes Weber : das Leben des heiligen Antonio Maria Claret


Porath, Silke:
Gottes Weber : das Leben des heiligen Antonio Maria Claret ; Roman / Silke Porath. - Waldsolms: Gipfelbuch-Verl., 2006. - 425 S.
ISBN 3-937591-21-4

Passend zum 200. Geburtstag Clarets (1807-1870) schrieb die junge deutsche Journalisten Silke Porath (Jahrgang 1971) ihren ersten biografischen Roman „Gottes Weber“. Ein in unserer Zeit recht ungewöhnliches Unternehmen, da Heiligenbiografien in Romanform heute nicht mehr zeitgemäß zu sein scheinen: Es ist ein Wiederbelebungsversuch des Historienromans. Man fühlt sich etwas an die bekannten hagiografischen Romane wie beispielsweise „Der Pfarrer von Ars“ oder „Der Bettler von Granada“ von Wilhelm Hünermann erinnert, der es in den 50er und 60er Jahren bestens verstand, fesselnde „Lebensbilder“ großer Persönlichkeiten zu zeichnen.

Und auch in „Gottes Weber“ stehen somit nicht in erster Linie Zahlen, Daten und Fakten im Vordergrund, diese werden als Anhang in tabellarischer Form am Endes des Buches korrekt nachgeliefert, sondern die „Lebensgeschichte“ Clarets. So schreibt die Autorin: „Mein Anliegen war es, den Menschen Claret zu zeigen. Um dies möglich zu machen, habe ich zum Mittel der Fiktion gegriffen. So stimmen Zeitenfolge und die Begegnungen mit Menschen, die mir als Vorlage für die literarischen Figuren dienten, nicht immer mit der Realität überein. Einige Personen in meinem Buch haben wirklich gelebt. Manche sind meiner Phantasie entsprungen ... Dieses Buch ist der Versuch, eine Vision und einen Visionär zu zeigen, der bis heute Vorbild sein kann.“

Die Autorin erzählt die Geschichte des hl. Antonio Maria Claret, eines jungen spanischen Webers zur Zeit Napoleons, der gegen den Widerstand seines Vaters den Familienbetrieb in Sallent verlässt und die berufliche Ausbildung aufgibt um Priester und Ordensmann zu werden.

Auf „Ratschlag“ der Gottesmutter Maria, die ihm seit seiner Kindheit bis zu seinem Tode immer wieder regelmäßig erscheint, gibt er aber seinen Wunsch Kartäuser zu werden schließlich auf und möchte von den Menschen von nun an als Wanderprediger helfen: "Mehr Menschen erreichen, alle erreichen, die Armen überall, ihnen beistehen“, das ist sein sehnlichster Wunsch. Und das schreibt er 1839 nieder und sendet sein Gesuch schließlich an den Bischof. Sein Gesuch wird erhört. Claret wird zu einem begnadeten Volksmissionar in seiner Heimat Katalonien. Von dort aus beginnt er seine entbehrungsreiche Reise durch das zerrissene Land, später durch halb Europa.

1847 gründet er mit fünf Brüdern die „Kongregation vom Hl. Unbefleckten Herzen Mariens“ und 1849 die „Bruderschaft von der christlichen Lehre“ (Claretiner). Kurze Zeit darauf wird er zum Bischof von Kuba ernannt und muss seinen Konvent verlassen. Gleich nach seiner Ankunft begreift er, dass eine Erneuerung des christlichen Lebens unbedingt notwendig ist. Er organisiert eine Reihe Missionskampagnen, an denen er sich selbst beteiligt, um das Wort Gottes in alle Ortschaften zu tragen. Nach einem Attentat ist er lange Zeit mit schweren Verletzungen ans Bett gefesselt. Seine Genesung geschieht aber wundersamerweise mit Hilfe der Jungfrau Maria binnen einer einzigen Nacht. Obwohl Claret in seiner asketischen, nach innen gerichteten Lebenswelt nie nach Einfluss, Rang und Stellung strebt, führt sein Weg weiter nach oben. 1857 wird Antonio Claret an das spanische Königshaus als persönlicher Beichtvater der jungen Regentin Isabella II. gerufen, dessen Kinder er in der Theologie erzieht und auch für Isabella selbst bald zu einer Vaterfigur wird. Die Dienste am Hof füllen weder die Zeit noch den apostolischen Geist Clarets aus. Darum weitet er seine Aktivität auf die Stadt aus. Er predigt und hört Beichte, schreibt Bücher, besucht Gefängnisse und Krankenhäuser.

Infolge der Septemberrevolution von 1868 geht er mit der Königin ins Exil. Zur Feier des goldenen Priesterjubiläums von Papst Pius IX begibt er sich nach Rom und nimmt an der Vorbereitung des Ersten Vatikanischen Konzils teil. Nach dem Ende der Sitzungen ist Claret gesundheitlich so stark angeschlagen, dass er sich in die Gemeinschaft, die seine Missionare in Prades (Südfrankreich) hatten, zurückzieht. Selbst dort erreichen ihn seine Verfolger, die ihn gefangennehmen und nach Spanien bringen wollen, um ihn dort vor Gericht zu stellen und abzuurteilen. Claret muss wie ein Straftäter fliehen und sucht im Zisterzienserkloster Fontfroide Zuflucht, wo er, umgeben von der Zuneigung der Mönche und einiger seiner Missionare am 24. Oktober 1870 im Alter von 63 Jahren stirbt. - Am 25. Februar 1934 wurde er von Papst Pius XI. seliggesprochen. Pius XII. sprach ihn am 7. Mai 1950 heilig.

Silke Porath gelingt es, die „Lebensgeschichte“ Clarets mit einer flüssigen, intensiven und sehr bilderreichen Sprache umzusetzen und zu einem angenehm zu lesenden Gesamtwerk zusammenzufügen. – Allerdings ist ihr Sprachstil aber vielleicht manchmal doch etwas „zu bilderreich“, was besonders bei den Visionen, beispielsweise bei der Marienerscheinung nach dem Attentat an Clarets Krankenbett auffällt:

»Ich schlafe nicht«, will Claret sagen, doch der dicke Verband legt sich kühl auf sein Gesicht. »Ich fürchte mich«, denkt er und sieht hinter seinen geschlossenen Augen das lächelnde Gesicht seiner Schwester. Langsam schwebt die Mädchengestalt höher und höher, erhebt sich in die Luft. Nebel umgibt die Gestalt, Rosa verblasst, ihre warme Stimme wird leiser, verstummt und aus dem Nebel formt sich das lächelnde Antlitz der Heiligen Jungfrau.
»Fürchte dich nicht, Antonio Claret«, lächelt Maria den Kranken an. »Fühlst du denn nicht mehr das Feuer der Gnade, das Glück, dass dein Blut im Namen meines Sohnes vergossen wird?«
Die Erscheinung hebt die Hand, als wolle sie den schlafenden Claret streicheln. Heiß und wohlig durch­strömt eine Welle aus Liebe und Glück den Körper des Erzbischofs, wärmt seinen Magen, sein Herz und legt sich wie ein Schleier auf die pochende klaffende Wunde in seinem Gesicht. Sanft scheint die Heilige Jungfrau ihre Hand auf die Wange des Priesters zu legen. Wie tausend Stiche fährt die Berührung Claret ins Gesicht, er kann sich selbst sehen, wie er wund und schwach im Bett liegt, er sieht den weißen Kieferknochen, der durch das Fleisch seiner Wange schimmert, den Riss, der quer über sein Gesicht geht.
»Vertraue mir«, flüstert die Jungfrau. Dann wabert der Nebel hoch, sanft streicht die Erscheinung über den aufgeschnittenen rechten Arm des Bischofs, seine Hand zuckt, will nach der Gestalt greifen. Doch der Nebel wird dichter und es bleibt nur noch ein Gedanke für Antonio Claret — der Glaube an die Hilfe und Gnade der himmlischen Mutter. (S. 300)

Solche Textpassagen bleiben natürlich „Geschmackssache“. - Aber vielleicht fehlt es dem Rezensenten hier aber auch einfach etwas an Fantasie (und Erfahrung), weil er zu „verkopft“ denkt? - Biographische Romane sind für jeden Autoren eine schwierige Übung, gilt es doch möglichst genau bei den historischen Fakten zu bleiben und trotzdem noch Spannung zu erzeugen. Wenn dann die handelnden Personen dann auch noch fest im Glauben verwurzelt sind und dazu auch noch Visionen haben, erhöhen sich diese Probleme nochmals zusätzlich.

Letztendlich hat Silke Porath diese Probleme aber sehr gut zu bewältigen gewusst. „Gottes Weber“ bringt uns den hl. Antonio Claret als einen Menschen und eine faszinierende Persönlichkeit nahe, der seinem Glauben und seiner Berufung - trotz der vielfältigen Versuchungen und versuchten Einflussnahmen - treu bleibt und darin die Erfüllung seines Lebens findet. Darüber hinaus erfährt man, dank hervorragender Hintergrundrecherchen, viel über die Zeit und die Lebensumstände der Menschen im Umkreis des Heiligen: Ein sehr detailreicher, spannender und beeindruckender Historienroman, den man auch den jungen Menschen nicht vorenthalten sollte, die es heute noch wagen, einen Roman mit über 400 Seiten in die Hand zu nehmen.

P. Siegfried Wewers OSB

(Rezension für die ORDENSKORRESPONDENZ)




Montag, 20. Oktober 2025

20. Oktober ~ Wendelin von Tholey, Einsiedler


Fionnalán (ausgesprochen Findalán) gehörte zu den Tausenden von gelehrten Mönchen Irlands und gelangte auf der Rückreise von seiner Pilgerreise nach Rom ins Bistumsgebiet von Trier. Die Chronik Gesta Treverorom aus dem 12. Jahrhundert hält als Datum die Amtszeit von Bischof Magnerich (566–586) fest, der sich in der ausgehenden Völkerwanderungszeit der Mitarbeit von Einsiedlern wie Wendelin versicherte, um auch das ländliche Gebiet um die einstige Kaiserstadt Trier kirchlich zu erschließen. 

Wendelin war vermutlich der Gründungsabt des Klosters Tholey, wobei er sich mit in der Region verbliebenen gallorömischen Glaubensgenossen zusammengeschlossen haben könnte. Der Legende nach war Wendelin ein Königssohn aus Scotia (wobei Irland Scotia maior, Schottland Scotia minor hieß) und bettelnd unterwegs. Als er an die Tür eines Gutsherren anklopfte, herrschte der ihn unwirsch an, er solle statt zu betteln lieber arbeiten, und Wendelin nahm aus Demut eine Hirtenarbeit bei ihm an. Der umfassend ausgebildete, das heißt auch naturkundige Wendelin hatte großen Erfolg mit den Tieren, trieb aber die Herden weit weg vom Gutshof. 

Einmal ritt deswegen der Gutsherr böse von ihm fort, weil er seinen Gästen nicht rechtzeitig Fleisch anbieten würde können, doch als er zu Hause einritt, war Wendelin mit seiner Herde schon da. Der Gutsherr erkannte ihn als Heiligen und erbaute ihm eine Einsiedelei, wo Wendelin im Gebet und in der Stille lebte und sich als Ratgeber einen Namen machte, bis ihn später die Mönche von Tholey zu ihrem Abt machten. 

Einen Tag nach seiner Beerdigung lag Wendelins Leichnam neben dem Grab. Da luden die Mönche den Toten auf einen Ochsenkarren und ließen die Tiere laufen. Diese gingen schnurstracks zur früheren Einsiedelei, wo die Mönche Wendelin dann bestatteten. Aus der bald einsetzenden Wallfahrt entwickelte sich ein Pilgerort und schließlich die Stadt St. Wendel. Verehrung und Brauchtum: Wendelin, der dem Wendelstein den Namen gab und große Verehrung als Viehpatron, vielfach auch als Nothelfer genossen hat, ruht heute in der St. Wendeler Wendalinusbasilika. Erhalten haben sich große Pferdewallfahrten zu seinen Ehren in den Landkreisen Biberach, Rastatt, Rhein-Neckar-Kreis und Tirschenreuth.

Die Texte der Hl. Messe zum heutigen Gedenktag sind besonders schön, so dass ich Ihnen diese nicht vorenthalten möchte: 

ERSTE LESUNG: 1. KOR 1, 26-31
EVANGELIUM: MT 19, 27-29






Tagesimpuls: Güter gebrauchen, ohne sie zu missbrauchen

(Foto wird nachgeliefert)

Barmherzigkeit und Wohltätigkeit sind Gottes Freundinnen. Wenn sie sich im Herzen eines Menschen niederlassen, werden sie ihn vergöttlichen und nach dem Bild des unübertrefflich Guten formen, damit er zum Abbild des höchsten Wesens werde, jenes Wesens, dem nichts beigemischt ist und das alle Erkenntnis übersteigt. […] Ihr also, ihr vernunftbegabten Geschöpfe, die ihr mit jener Erkenntniskraft ausgestattet seid, die göttliche Dinge deutet und lehrt, lasst euch nicht von weltlichen Dingen verführen. Bemüht euch vielmehr, ihn zu gewinnen, der das besitzt, was Ewigkeit verleiht. Beschränkt euch im Gebrauch der irdischen Güter. Nicht alles ist für euch bestimmt; lasst auch einen Teil für die Armen übrig, die Gottes Lieblinge sind. Denn alles gehört Gott, unserem gemeinsamen Vater, und wir sind Brüder. Das Ideal der Gerechtigkeit bestünde darin, dass jeder einen gleichen Anteil am Erbe erhält. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, da einige sich schon den größeren Teil dieses Erbes angeeignet haben, sollen alle anderen wenigstens einen Teil erhalten. Will aber einer das Ganze für sich allein haben, unter Ausschluss seiner vielen Brüder, dann ist dieser ein gnadenloser Tyrann, ein herzloser Barbar, ein unersättliches Tier […].

 Mache also Gebrauch von den Gütern der Erde, aber missbrauche sie nicht!

Hl. Gregor von Nyssa (um 335-395)
Mönch und Bischof
Hl. Gregor von Nyssa (335-395), Mönch* und Bischof Erste Predigt über die Liebe zu den Armen (in Lectures chrétiennes pour notre temps, fiche X4; trad. Orval ; © 1971 Abbaye d'Orval; ins Dt. übers. © evangelizo)

(Quelle: https://evangeliumtagfuertag.org/DE/gospel?utm_source=newsletter)

Sonntag, 19. Oktober 2025

DIE ZWEITE (GROSSE!) PANNE - DIE VERGESSENE TISCHLESUNG IM MAI: Der Gründer - P. Andreas Amrhein (1844–1927) – Pionier, Träumer und Prophet von Pater Cyrill Schäfer

VON MEINEM VATER EMPFOHLEN: 

Das Leben von Pater Andreas Amrhein (1844–1927), Gründer der Missionsbenediktiner von Sankt Ottilien und der Missions-Benediktinerinnen von Tutzing, verlief in vieler Hinsicht ungewöhnlich und widersprüchlich. Während seine Gründungen heute weltweit tätig sind und ihr Wirken in Teilen gut erforscht ist, wird der Gründer selbst meist nur kursorisch präsentiert. Dabei wird übersehen, dass nur über ein vertieftes Verständnis der Gründerpersönlichkeit manche Entwicklungen der Kongregationen richtig gedeutet werden können. Die hier vorgelegte Biographie möchte einen möglichst umfassenden Einblick in das Denken und Handeln Amrheins im Kontext der Zeitgeschichte und damit einen Beitrag zur Erforschung des Gründungscharismas der missionsbenediktinischen Kongregationen bieten.

Entschuldigung! Lieber P. Cyrill, das wäre eigentlich ein Fall für die "Culpa-Ecke"

GIB MIR EIN HERZ, DAS DIR AUFRICHTIG DIENT


Für alle die heute morgen nicht dabei seien konnten:

FESTPREDIGT ZU MEINER KLOSTERPRIMIZ IN ST. OTTILIEN 
AM 19. OKTOBER 2025 

LESEJAHR: C I, STB: I. WOCHE

„Gib uns ein Herz, das dir aufrichtig dient.“ – Dieser Satz aus dem Tagesgebet von heute, liebe Mitbrüder, liebe Schwestern und Brüder in Christus, leitet, begleitet und inspiriert uns und bringt in wenigen Worten das ganze Geheimnis des priesterlichen und des gottgeweihten Lebens als Mönch zum Ausdruck. Es geht um das Herz, das dienen will, und um den Willen, der bereit ist, sich führen zu lassen – nicht von sich selbst, sondern von Gott, nicht für sich selbst, sondern für Gott und für die Menschen.

 In der ersten Lesung haben wir von Mose gehört, der während des Kampfes gegen Amalek auf dem Berg steht, die Hände zum Himmel erhoben. Solange er betet, solange seine Arme erhoben bleiben, siegen die Israeliten. Wenn seine Hände sinken, wendet sich das Blatt und die Amalekiter gewinnen die Oberhand. Dieses Bild ist archetypisch und archaisch – und zugleich ewig neu und zukunftsweisend. Es ist das Bild des Beters, des Fürsprechers, des Priesters, der sich hingibt für die ihm von Gott anvertraute Herde und sich nicht schont, um bei Gott für die Menschen einzutreten. Mose kämpft nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Vertrauen auf den, der größer ist als unser Vertrauen und weitreichender als unsere Erwartungen. Er steht nicht im Tal des Geschehens, sondern auf dem Berg des Gebets. Und doch hängt vom Aufgerichtetsein seiner Hände das Geschick des Volkes ab. Was hier so kurz skizziert ist, spricht eine tiefe Wahrheit aus: wir sollen ohne Unterlass beten und dem Gottesdienst, wie unser Heiliger Vater Benedikt sagt, nichts vorziehen. Das Gebet ist das tägliche Brot, das wir brauchen, um zu leben. Es ist das überwesentliche Brot, der Engel, die ohne Unterlass rufen: Heilig, heilig, heilig! 

Liebe Schwestern und Brüder, wie wichtig ist diese Aussage für den priesterlichen Dienst! Der Priester steht zwischen Himmel und Erde, nicht als Herrscher, sondern als Mittler und Diener des Gottesvolkes, dem er die für dessen Heiligung so unabdingbaren Sakramente der heiligen Kirche spendet. Er trägt das Volk in seinem Gebet vor Gott und reicht zugleich Gottes Segen dem Volk weiter. Der Heilige Gregor der Große schreibt in seiner Regula pastoralis, der „Hirte der Seelen“ müsse mehr durch sein Gebet als durch seine Stimme wirken. Er ist ein Mann, der das Kreuz in seinem Leben nicht nur verkündet, sondern selbst trägt – mit erhobenen Händen, oft auch mit müden Armen und unter Tränen. Wie wichtig sind da die Mitbrüder und alle, die ihn wiederum im Gebet stützen. 

Liebe Schwestern und Brüder, beten wir füreinander und lassen nicht nach, füreinander zu beten. Das ist das, was wir aus dieser uralten Episode lernen dürfen am heutigen Sonntag! Und dieser Gedanke wird in der zweiten Lesung aus dem zweiten Timotheusbrief fortgesetzt. Paulus ruft uns hier zu: „Bleibe in dem, was du gelernt hast und was dir zur Gewissheit geworden ist.“ Der Glaube ist kein Besitz, sondern ein Weg, ein Wachsen, ein Reifen. Um zu reifen aber, muss man auf dem Weg bleiben. Der Weg der Reifung ist ein Weg des Gebetes und des Ausharrens im Gebet. Unser heiliger Vater Benedikt schreibt über das auf dem Weg bleiben im klösterlichen Leben und im Glauben, dass dem, der fortschreitet, das Herz weit wird, und er in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes läuft. 

Liebe Schwestern und Brüder, Paulus ermahnt Timotheus, das Wort zu verkünden, ob gelegen oder ungelegen. Der, der Verantwortung trägt in der Gemeinde, muss zuerst selbst betender Hörer sein, bevor er Lehrer des Gebetes wird. Der Heilige Augustinus hat das in seiner eigenen Erfahrung tief erkannt, indem er sagt: „Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Bischof.“ Das heißt für uns: Der Priester bleibt immer betender Schüler des Wortes, auch wenn er es verkündet. Er nährt sich selbst von demselben Brot, das er austeilt. Er lebt von der Barmherzigkeit, die er anderen zuspricht und er schöpft Trost aus dem Trost, mit dem er andere tröstet. So wird er nicht nur Verkünder, sondern Zeuge – ein Mensch, der durch das Wort verwandelt wird. Im Evangelium hören wir das Gleichnis von der Witwe, die unablässig beim Richter um ihr Recht bittet. Es ist ein Bild für den Glauben, der nicht aufgibt, der sich festhält an Gott – gerade dann, wenn alles unsicher scheint. Die Gewissheit, dass die Wahrheit hartnäckig ist und sich auf kurz oder lang durchsetzt, darf uns nie verlassen. Was für ein schönes Bild für das Gebet, das der Heilige Benedikt mit den Worten beschreibt: „wenn du etwas Gutes beginnst, bestürme Gott beharrlich im Gebet, er möge es vollenden.“ 

Der Priester darf nie müde werden, zu beten, auch wenn die Hände schwer werden, auch wenn die Antwort ausbleibt, denn sein Beten ist nicht nur für sich, sondern für die ganze Welt – für alle, die nicht mehr glauben, nicht mehr hoffen, nicht mehr lieben, ja, nicht einmal mehr beten können. Gregor der Große nennt das die compassio pastoris – das Mitleiden des Hirten. Der wahre Hirte steht nicht über der Herde, sondern mitten in ihr, mit einem Herzen, das empfindet und mitfühlt, mit einem Herzen, das aufrichtig dient und für seine Herde unablässig betet. „Gib uns ein Herz, das dir aufrichtig dient.“ Ein Herz, das dient, ist ein betendes Herz. Es sucht nicht den eigenen Vorteil, sondern die Freude des Herrn. Wer in der Liebe Christi lebt, dessen Wille ist im Willen Gottes geborgen und verströmt sich im Dienst. Seine Kraftquelle ist das Gebet. 

So möge mein priesterlicher Dienst, den ich heute mit der Feier dieser ersten Heiligen Messe beginne – mein Beten, mein Verkünden, mein Dasein in unserer klösterlichen Gemeinschaft und in der Welt – immer aus dieser Liebe erwachsen. Dann kann ich mit Mose, mit erhobenen Händen für andere eintreten; dann kann ich mit Timotheus, das Wort Gottes weitergeben; dann kann ich mit der Witwe aus dem Evangelium, im Glauben beharren, bis der Herr wiederkommt in seiner Herrlichkeit und in seiner Gerechtigkeit. Liebe Schwestern und Brüder, das ist die Aufgabe und die Gnade des priesterlichen Lebens: Im Gebet verbunden mit Gott, im Dienst verbunden mit den Menschen, im Herzen verbunden mit der Liebe Christi, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Bitten wir heute gemeinsam darum, dass der Herr uns allen ein Herz schenke, das ihm aufrichtig dient – in Geduld, im Vertrauen und in treuer Liebe. Amen

Pater Immanuel Lupardi

P.S. 1042 Wörter - Ideale Länge!

Sonntagsimpuls: Die Gabe der Beharrlichkeit im Gebet

Das Gebet ist absolut notwendig, um glücklich in der Gnade Gottes zu verharren, nachdem man sie im Bußsakrament empfangen hat. Mit dem Gebet könnt ihr alles vollbringen, seid ihr gleichsam Herren über den Willen Gottes – wenn ich so sagen darf –, und ohne das Gebet seid ihr zu nichts fähig: Das allein genügt schon, um euch die Notwendigkeit des Gebetes zu zeigen. Alle Heiligen haben ihre Bekehrung mit dem Gebet begonnen und sind durch das Gebet beharrlich geblieben; und alle Verdammten sind verloren gegangen, weil sie das Gebet vernachlässigt haben. Ich sage also, dass das Gebet für uns absolut notwendig ist, um bis ans Ende treu zu bleiben. […] 

Dieses Gebet aber, von dem ich spreche, das bei Gott solche Macht hat, das uns so viele Gnaden erwirkt, ja, das sogar den Willen Gottes zu binden scheint, das ihn sozusagen zwingt, uns zu gewähren, worum wir bitten, ist ein Gebet, das in einer Art Verzweiflung und Hoffnung zugleich gesprochen wird: Ich sage Verzweiflung, wenn wir unsere Unwürdigkeit bedenken und die Missachtung, die wir Gott und seinen Gnaden entgegengebracht haben; wenn wir erkennen, wie unwürdig wir sind, vor ihm zu erscheinen und es wagen, ihn um Gnade zu bitten: Wir haben sie ja schon so oft von ihm empfangen und ihm immer durch Undank gelohnt; das muss uns jeden Augenblick unseres Lebens das Gefühl geben, die Erde müsse sich vor unseren Füßen auftut. […] Ich sage Hoffnung, wenn wir uns die Größe der Barmherzigkeit Gottes vor Augen halten, seinen Wunsch, uns glücklich zu machen, und was er alles getan hat, um uns den Himmel zu erwerben. Von einem so tröstlichen Gedanken beseelt, werden wir uns mit großem Vertrauen an ihn wenden. […] 

Das, meine Brüder, ist das Gebet, von dem ich sprechen möchte, und das für uns absolut notwendig ist, wenn wir Vergebung und die kostbare Gabe der Beharrlichkeit erlangen wollen.

Hl. Jean-Baptiste Marie Vianney (1786-1859) Priester, Pfarrer von Ars Predigt für den 2. Sonntag nach Ostern (Sermons de Saint Jean Baptiste Marie Vianney, Curé d'Ars, t. 2 ; Éd. Ste Jeanne d'Arc, 1982 ; p. 32-34; ins Dt. übers. © evangelizo)

Sonntagsimpuls der Prämonstratenser - 29. Sonntag im Jahreskreis (Lk 18, 1–8)

Thema: Gott hört dich - auch wenn es still bleibt
Liebe Freunde,
manchmal scheint es, als bliebe unser Gebet unbeantwortet.
Wir bitten - und hören nichts.
Wir hoffen - und spüren Schweigen.
Dann fragen wir uns: „Lohnt sich das Beten überhaupt?“
Im heutigen Evangelium erzählt Jesus von einer Frau,
die einfach nicht aufgibt.
Sie kommt immer wieder, bittet, hofft, vertraut -
und am Ende wird sie gehört.
Diese Frau ist ein Bild des Glaubens,
der nicht glänzt, sondern durchhält.
Sie zeigt uns:
Beten ist kein Wunschautomat,
sondern ein Weg des Vertrauens.
Gott ist kein Richter, der sich bitten lässt,
sondern ein Vater, der dein Herz kennt -
und dich trägt, auch wenn du seine Stimme gerade nicht hörst.
Bleib dran,
auch wenn dein Gebet leise geworden ist.
Denn jedes ehrliche Wort,
jede stille Hoffnung,
jedes „Herr, hilf mir“
wird von Gott gehört.
Vielleicht verändert sich nicht das, was du siehst -
aber Gott verändert dich.
Und das ist das größte Geschenk.
In diesem Sinn wünschen wir euch einen gesegneten Sonntag,
viel Vertrauen, Ausdauer und die stille Freude,
zu wissen: Gott hört dich - auch im Schweigen.

Eure Prämonstratenser aus der Abtei Hamborn

(Quelle: Facebook)

Mittwoch, 15. Oktober 2025

Was ein Mönch so liest (8): Aus der Tiefe des Herzens: Priestertum, Zölibat und die Krise der katholischen Kirche von Kardinal Robert Sarah und Papst em. Benedikt XVI.

Dieses Buch von Kardinal Robert Sarah ist kirchenpolitisch hoch brisant und bedeutsam. Die Reform-Debatten, die in der katholische Kirche in den letzten Jahren immer vehementer geführt werden, haben den ehemaligen Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Kardinal Robert Sarah, mehrfach bewegt, sich zu Wort zu melden. Mit diesem neuen Buch wirft Sarah seinen wohl wichtigsten Beitrag zur aktuellen Debatte in den Ring. Er verteidigt das Priestertum und den Zölibat mit großer Kraft und Weisheit, ohne Angst vor der öffentlichen Debatte. Papst em. Benedikt XVI., der sich seit seinem Amtsverzicht im Februar 2013 kaum mehr zu Wort gemeldet hatte, beschloss ausnahmsweise auf Wunsch von Kardinal Sarah, einen theologischen Beitrag über das vielleicht wichtigste Thema der Kirche zu schreiben: das Priestertum. Obwohl damals bereits 92 Jahre alt ist der Beitrag Benedikts - wie von ihm gewohnt - von hoher intellektueller, kultureller und theologischer Dichte.

Freitag, 10. Oktober 2025

Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle

Fatima: Gebete auf Empfehlung Marias 

Fatima ‐ "Betet viel!", lautete der Auftrag des Engels, den die Hirtenkinder in Fatima sahen. Die Muttergottes offenbarte ihnen nicht nur die bekannten drei Geheimnisse. Die Seher lernten außerdem fünf Gebete. 

Noch bevor die Marienerscheinungen in Fatima am 13. Mai 1917 begannen, soll den drei Sehern im Jahr 1916 ein Engel erschienen sein. Dieser habe sich selbst als "Engel des Friedens" und als Schutzengel Portugals bezeichnet, so berichteten die Hirtenkinder Lucia dos Santos, Jacinta und Francisco Marto später. "Betet viel!", lautete der Auftrag des Engels. Dreimal erschien er ihnen – gewissermaßen als Vorbereitung auf das Kommen der Muttergottes ein Jahr später – und lehrte sie dabei auch zwei neue Gebete. Als Maria sich den Seherkindern selbst offenbarte, empfahl sie ihnen nicht nur, eifrig den Rosenkranz zu beten, sondern vertraute ihnen drei weitere Gebete an. Katholisch.de stellt diese Gebete vor. 

Die Gebete Marias 

Am bekanntesten dürfte das sogenannte "Fatima-Gebet" sein. Während ihrer dritten Erscheinung am 13. Juli 1917 trug die Gottesmutter den Kindern auf, es nach jedem Gesätz des Rosenkranzes zu beten. Vielerorts ist das in die Praxis übergegangen; das Buß- und Bittgebet ist allerdings kein verbindlicher Bestandteil des Rosenkranzes: 

"O mein Jesus, verzeih' uns unsere Sünden. Bewahre uns vor dem Feuer der Hölle. Führe alle Seelen in den Himmel, besonders jene, die Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen. Amen." 

Ebenfalls bei der dritten Erscheinung lehrte Maria die Hirtenkinder das "Opfergebet". "Opfert euch auf für die Sünder", forderte die Gottesmutter und gab ihnen dafür folgende Worte an die Hand: 

"O Jesus, ich bete aus Liebe zu Dir, für die Bekehrung der Sünder und zur Sühne der Sünden gegen das Unbefleckte Herz Mariens." 

Bereits bei ihrer ersten Erscheinung hatte Maria den Seherkindern prophezeit: "Ihr werdet viel zu leiden haben, aber die Gnade Gottes wird euer Trost sein." Plötzlich strahlte überall um sie herum ein helles Licht auf, wie Lucia dos Santos später berichtete. Die drei Kinder hätten sich auf die Knie geworfen und wie von selbst gemeinsam das sogenannte "Eucharistische Gebet" gesprochen: 

"Allerheiligste Dreifaltigkeit, ich bete Dich an! Mein Gott, mein Gott, ich liebe Dich im Allerheiligsten Sakrament."


Mittwoch, 8. Oktober 2025

Die Panne!

Jetzt habe ich mittlerweile schon über 300 Beiträge in diesem Blog veröffentlicht, darunter sehr viele über Musik, insbesondere über R. Wagner. - Aber heute bin ich erschrocken! Ich habe mein absolutes Lieblingswerk vergessen, von dem ich zwölf verschiedene Aufnahmen in meinem CD-Schrank stehen habe: Joseph Haydns “Die Schöpfung”. 

Die Fröhlichkeit und der Farbenreichtum des Werks sind faszinierend: Sie schildern eine Natur, die musikalisch als farbenreich, faszinierend und bewahrenswert erlebbar gemacht wird. 

Ein berühmtes Zitat von Haydn selbst lautet: "Ich war auch nie so fromm, als während der Zeit, da ich an der Schöpfung arbeitete; täglich fiel ich auf meine Knie nieder und bat Gott, dass er mir Kraft zur glücklichen Ausführung dieses Werkes verleihen möchte." 

Als Haydn “Die Schöpfung” vollendete, war er der bekannteste Komponist seiner Zeit. Durch seine Aufenthalte in England lernte er die Oratorien Händels kennen und diese musikalische Begegnung beeinflusste sein Schaffen im Spätwerk wesentlich. Haydns “Schöpfung” erlangte sofort nach der Uraufführung 1798 großen Erfolg und dieser ist bis in heutige Zeit ungebrochen. Dies hat meines Erachtens mehrere Gründe: 

Der Inhalt des Werks wird in relativ geraffter Form dem Publikum nähergebracht und die Handlung dadurch stringent erzählt. Haydn verweilt selten in Reflexionen, die gedrängte Vermittlung der Erzählung verleiht dem Werk dadurch eine große Lebendigkeit. 

Haydn hat eine neue Formensprache entwickelt, in der der Text des Librettos besonders in den Arien keinen Prinzipien folgt, sondern – manchmal in liedhafter Form – immer entlang des Textes musikalisch weiterentwickelt wird. Besonders reizvoll in der "Schöpfung" sind die Kontraste, mit denen Haydn in den Abschnitten des Chores arbeitet. Dabei stehen kunstvoll ausgeschmückte Fugen im virtuosen Stil schlichten und innigen Passagen gegenüber. Zudem verwendet Haydn oft ein dialogisches Verhältnis von Solostimmen und Chor. 

Alle Vokalstimmen dienen förmlich der Erzählung der Schöpfungsgeschichte und die Hierarchie zwischen Solostimmen und Chorstimmen wird zu einem gemeinsamen Lob vereint. “Die Schöpfung” zeigt auch durchaus volksmusikhafte Züge, die im Wechselspiel zur kunstvollen und meisterhaften Instrumentation der Gesamtarchitektur des Werks diesem eine große – im Zusammenspiel aller Kräfte – empfundene Menschlichkeit verleihen. 

“Die Schöpfung” ist auch ein Werk, in dem sich eine Zeitenwende manifestiert. Sie bildet förmlich eine Zusammenfassung aller kompositorischen Erfahrungen und Möglichkeiten des Komponisten. Haydns große Erfahrung im Bereich der italienischen Oper, seine virtuose und detailreiche Behandlung des Instrumentalsatzes und die Neuerungen der Klangsprache der Wiener Klassik lassen “Die Schöpfung” zu einer Art Gesamtschau der Musik des 18. Jahrhunderts werden.


 

Meine absolute Lieblingsaufnahme der "Schöpfung", die ich auch oben mit Youtube verlinkt habe, ist  folgende: 

Ann Monoyios, Jörg Hering, Harry van der Kamp, 
Tölzer Knabenchor, Tafelmusik, Bruno Weil 
Label: Sony, DDD, 1993

Das Klangbild, das Bruno Weil mit dem Tafelmusik Orchestra produziert ist wunderbar: transparent, klar artikuliert, forsch, nicht lärmend im Forte, feingliedrig im Piano, adäquat zurückhaltend, wo es dem Chor Raum geben soll. Die Tempi sind zügig, aber keineswegs gehetzt. 

Der Tölzer Knabenchor präsentiert sich in Bestform, klar artikulierend, wunderbar intonierend und in bester Abstimmung mit dem Orchester. 
Aber es bleibt natürlich eine Geschmacksfrage: wer Knabenchöre generell nicht gerne hört, so gut sie auch sein mögen, wird hier natürlich keine Freude haben. Ich stehe Knabenchören häufig eher ablehnend gegenüber, aber was ich hier höre ist einfach Weltklasse und bis auf seltene Passagen, in denen ich mir besser hörbare tiefe Töne wünsche würde, vermisse ich hier nichts. 

Das Highlight dieser Aufnahme sind aber für meinen Geschmack die Solisten: ich kannte sie allesamt nicht und musste mir dabei zumindest für Ann Monoyios und Jörg Hering Brücken bauen, die sich für mein Ohr aufdrängen: Ann Monoyios erinnert mich sehr an Emma Kirkby, wenn ihr Sopran auch noch ein kleine Spur heller ist und sie fast noch ätherischer klingt als die Kirkby. Jörg Hering erinnert mich sehr an Peter Schreier, hat ein ähnliches silbriges Timbre, intoniert aber zarter als dieser. Harry van der Kamp hat einen sonoren Bass, die Nähe zu Kurt Moll oder ähnlichen mir bekannten Bässen wäre hier allerdings für mein Ohr eher an den Haaren herbeigezogen. Alle drei Stimmen haben mich enorm für sich eingenommen, die Interpretationen sind zartfühlend, innig und mit großer Verve gesungen.

Montag, 6. Oktober 2025

Was ein Mönch so liest (7) : Pater Brown - Tod und Amen: Alle Fälle in einem Band von G. K. Chesterton

Wie ein Held wirkt er nun wirklich nicht: Pater Brown ist unscheinbar, unbeholfen, dicklich, kurzsichtig, hat einen riesigen Kopf und macht einen etwas einfältigen Eindruck. Noch dazu ist er Priester. Doch unterschätzen sollte man den Geistlichen aus Essex keinesfalls. Gesegnet mit reichlich Menschenverstand (und göttlichem Beistand), hat Pater Brown noch jeden Verbrecher überführt, wenngleich er die Strafe oftmals der göttlichen Gerichtsbarkeit überlässt. Und als katholischer Geistlicher weiß er mehr über die Sünden, die Abgründe der Menschen, über das Böse als seine säkularen Kollegen Holmes, Poirot oder Marple. Dieses Wissen erweist sich ein ums andere Mal als unverzichtbar bei seinen Ermittlungen, die sich mal in einem Landhaus, mal im Beichtstuhl, mal in einem idyllischen Gärtchen und mal auf Londons Straßen zutragen. Was ihn das Böse auf Erden ertragen lässt? Sein Humor - und der hat es in sich. Sämtliche Fälle des wohl ungewöhnlichsten Ermittlers der Kriminalliteratur jetzt in einem Prachtband versammelt. 

Diese Sammlung aller Father-Brown-Geschichten des Kampa-Verlages ist die beste Ausgabe dieser Art. Enthalten sind sämtliche fünf Zyklen, wie sie vom Autor angelegt worden sind. Übersetzt wurden alle Geschichten von Hanswilhelm Haefs, der großen Wert auf korrekte, wortgetreue Übersetzungen legt und dabei den sprachlichen Stil des Autors weitmöglichst übernimmt, was sehr lobenswert, weil, gerade bei Chesterton, nicht selbstverständlich ist.

"G. K. Chesterton ist einer der herrlichsten Schriftsteller aller Zeiten." 
(Jürgen Kaube / FAZ)